Archive for Oktober, 2018

Das Kreuz mit dem Luftdrehkreuz

Donnerstag, Oktober 18th, 2018

Die Diskussion über einen neuen Flughafen für Ulaanbaatar ist alt, eigentlich fast so alt wie das neue Gebäude am derzeitigen Flughafen. Wobei man gleich sagen muss, das Gebäude, bzw. die Infrastruktur am derzeitigen Hauptstadtairport  ist noch lange nicht an den Grenzen seiner Leistungsfähigkeit angekommen. Da könnten gut und gerne die doppelte Anzahl von Passagieren abgefertigt werden, ohne dass sich jemand bedrängt fühlen müsste. Wenn es eine Begründung für einen neuen Flughafen gibt, dann ist es einfach die Lage, und zwar die Lage einem Tal. Für den täglichen Betrieb bedeutet das ganz einfach, man kann nur von einer Seite hinein aber auch nur zur gleichen Seite wieder hinaus.  Da Flugzeuge die schlechte Eigenschaft haben, bei Rückenwind nicht starten zu können, kann man also in dem Fall nicht ausweichen, während man auf den meisten Flughäfen der Welt einfach die Startrichtung umdreht muss man in UB am Boden bleiben. Nun kommt aber auch noch hinzu, dass die MIAT als typisch mongolisches Unternehmen, immer mal hochfliegende Pläne hat. In dem Fall den vom Drehkreuz. Ganz abwegig ist das nicht, immerhin liegt Ulaanbaatar recht günstig und jeden Tag fliegen hunderte Flieger von Europa nach Asien über die Mongolei, aber dazu braucht man eben mehr als die bisherigen 6 Flugzeuge. Praktisch sehe das so aus, der Flieger aus Berlin erhält am Morgen in Ulaanbaatar Anschluss an den von UB nach Tokio und der Berliner ist damit mindestens  drei Stunden kürzer von Berlin nach Tokio unterwegs als wenn er über Frankfurt fliegt. Könnte schon jetzt so funktionieren, wenn die Anschlüsse da wären und es einen funktionierenden Transitbereich geben würde, aber genau den gibt es nicht. UB ist genau wie Tegel als Endstationsflughafen gebaut worden, d. h. man ging davon aus alle wollen hier hin oder fliegen hier ab, Umsteiger ausgeschlossen. Einen so bestehenden Flughafen auf Transitverkehr umzubauen geht praktisch so gut wie nicht, also muss ein neuer her.

Die Entscheidung dazu wurde schon 2009 getroffen, allerdings passierte  dann eine ganze Weile gar nichts. Im September 2013 wurde dann aber wirklich mit den Bauarbeiten begonnen. Unter japanischer Leitung begannen hauptsächlich chinesische und koreanische Firmen einen Wettlauf mit der Zeit. Der Flughafen sollte Ende 2016 fertig sein, es gab auch monatlich Berichte auf der eigens eingerichteten Webseite dazu und es war dann tatsächlich so, im Januar 2017 war er baulich fertig.  3600 Meter Betonlandebahn, ein hochmodernes  Abfertigungsgebäude mit 6 Anlegern und genügend Vorfeldplätzen, Feuerwehrgebäude, Parkplätze, alles da, was fehlte, war eine Straßenanbindung. Dafür hatte der mongolische Staat sorgen wollen, was in diesem Fall nicht ganz geklappt hatte. Vierzig Kilometer Autobahn sind eben auch noch ein ganz schöner Brocken. Von nun ab verschob sich die Eröffnung im Halbjahrestakt, die Straße war aber wenigstens im Bau. Ende 2017 macht man dann wohl mal den Check, wie man den Betrieb umlegen könnte, dabei kam heraus, dass kaum Personal vom alten Flughafen bereit war auch in dem neuen zu arbeiten, der Grund war ziemlich simpel, kaum einer wollte für den Lohn jeden Tag drei Stunden im Auto verbringen um dahin und wieder zurück zu gelangen. Es gab außer dem Flughafengebäude und dessen Anlagen nicht mal eine Jurte im Umkreis von 20 Kilometern. Damit wurde wohl auch den Politikern klar, dass zu einem Flughafen neben technischen und baulichen Anlagen auch Personal gehört und zu denen auch eine Wohnung und wenn die aber 50 Kilometer entfernt liegt der Anreiz dort zu Arbeiten relativ gering ist. Gerade die vielen Kleinverdiener, die auch an so einem Flughafen gebraucht werden, wären ja völlig uninteressiert gewesen. Nun hätte es in der Mongolei eine schnelle mongolische Lösung geben können, Flächen zuteilen und Jurten aufbauen, aber das wollte verständlicherweise auch der Staat nicht, eine Jurten Siedlung als erstes Bild beim, Landeanflug.  Fazit es muss eine Lösung her, ohne Jurten, also eine neue Stadt und man wäre nicht in der Mongolei, wenn die nicht gleich für einhunderttausend Einwohner geplant würde. Seit ein paar Monaten buddelt und betoniert man wieder am Flughafen, diesmal für die neue Stadt. Eröffnung des Flughafen soll nun im August 2019 sein, vermutlich werden da auch die ersten Wohnungen bezugsfertig sein, ob es dann jemals zu der einhunderttausend Einwohner Stadt kommen wird bleibt fraglich, aber eine eigene Kleinstadt wird es schon werden und wenn dann die MIAT die Vorstellungen vom Drehkreuz in die Tat umsetzt, dann heißt es vielleicht wirklich mal Berlin-Tokio oder Seoul via ULN und wenn man mal doch seinen Anschluss in UB verpasst übernachtet man im Hotel in der neuen Flughafenstadt, mitten in der Steppe.

 

Zwischen Zach und Luxus Mall – Einkaufen in UB

Freitag, Oktober 12th, 2018

Wie sich diese Stadt in den letzten Jahren oder sogar Jahrzehnten verändert hat, kann man am Beispiel des Handels gut sehen, sozusagen Wandel im Handel. Bis zur politischen Wende 1990 spielte sich der legale Einkauf in großen staatlichen SB Kaufhallen ab, in denen die Regale zwar lang, aber auch relativ leer waren. Dann kam die Wende und mit ihr die Stunde der Kioske und Container. Ganze Containermärkte entstanden, wo man meist eine Art Trennung in „Fachbereiche“ und relativ schnell auch eine größere Auswahl finden konnte. Der Kiosk an der Straße war eher so die Bude für alles. In vielen ehemaligen Kaufhallen bildeten sich relativ bald private Stände, die schon auch ein bischen Luxus anboten. Die ersten, sagen wir mal Einzelhandelsgeschäfte, entstanden folgerichtig in Erdgeschoßwohnungen auf der Friedensstraße. Mit denen kamen dann auch andere Waren als Lebensmittel in Größenordnungen auf den Markt, die gab es vorher praktisch nur im Ich Delguur, dem großen staatlichen Warenhaus. Was auf der Friedenstraße ganz gut lief, so dachten manche Kleinstunternehmer, kann in den Wohngebieten auch klappen. Läden in Kellern oder im Wohnzimmer waren das Resultat. Heute sieht man davon nichts mehr. Die Läden auf der Friedensstraße gibt es immer noch, teilweise durch Vorbauten erweitert und etwas aufgepeppt. Wirklich große Konkurrenz bekamen viele Händler der ersten Stunde mit der Eröffnung des neuen Zachs, des offiziellen Schwarzmarktes sozusagen. Der Naarantuul Markt bot ein relativ sortiertes, kaum überschaubares Angebot und das zu günstigeren Preisen als die Geschäfte der Innenstadt. Ein Dach gegen Regen war auch da und so war es zumindest zum Anfang ganz akzeptabel dort Einzukaufen. Die Containermärkte verschwanden damit als erste wieder von der Bildfläche, denen folgte irgendwann mal auch der größte Teil der Kioske. Der Zach, die Läden in der Innenstadt, das Ich Delguur und die ersten kleinen Supermärkte, eher Minimärkte, hatten das Geschäft unter sich aufgeteilt. Letztere bildeten auch erste Ketten mit Filialen und gleichem Sortiment zu gleichen Preisen. Die Stunde der großen Supermärkte schlug aber auch bald, mit den ersten Nomin Filialen. Fast zeitgleich kamen auch erste Warenhäuser, die dem Ich Delguur Paroli bieten wollten. Mit Rolltreppen, Fahrstuhl und ein wenig Ambiente zog die Moderne in den Handel von UB ein. Die Max Mall war dann wohl das erste Einkaufszentrum, das man so nennen kann. Bei den Supermärkten entstanden mit Orgil und Sansar echte Marktführer, die heute mit jedem deutschen Supermarkt mithalten können, von den kleinen aus der Anfangszeit sieht man fast gar nichts mehr. Bei den kleinen Läden und Boutiquen in der Innenstadt gehen die Veränderungen sichtbar am langsamsten. Viele sehen noch so aus wie vor 20 Jahren, einige machen ein wenig auf schäbige Eleganz, nur selten wird mal was wirklich modernisiert. Ganz anders bei den Shopping Malls, jedes Jahr kommt mindestens eine neue hinzu. Man will sich da förmlich übertreffen und schreckt auch nicht vor einer Ganzjahres-Eisbahn zurück, wie in der Hunnu Mall. Einige, wie die Shangri La oder Central Tower, koppeln sich aber selbst von einem großen Teil der Kunden ab, indem sie nur Luxusartikel im Programm haben. Einkaufsvergnügen für Oberschichtler, wo selbst die meisten Touristen überfordert sind. Aber da zeigt sich eben das typische der mongolischen Moderne, man geht wenn man sehr aufs Geld schauen muss, seine Kleidung oder den Fernseher unter den staubigen Dächern des Zachs kaufen oder man flaniert durch die Markenläden einer Mall und setzt sich zwischendurch zum Cappuccino ins Cafe. Die wirtschaftliche Entwicklung der nächsten Jahre wird wohl darüber entscheiden, ob es den Zach in ein paar Jahren noch geben wird. Im Moment sieht eher wieder mal so aus, dass man dieses Kapitel des mongolischen Handels bald hinter sich lässt.

Luxus Mall Shangri La