Archive for the ‘Politik’ Category

Ulaanbaatar und der Verkehr

Dienstag, Dezember 24th, 2019

Das Thema Verkehr in Ulaanbaatar hatten wir schon mal im Jahr 2011, leider ist da nichts Grundsätzliches passiert, die Entwicklung ist nur weitergegangen. Weitergegangen bedeutet in dem Fall, es sind deutlich mehr Autos in der Stadt unterwegs, die PKW sind noch größer geworden, die Staus sind länger und die Busse gelten nach wie vor als hässliches Verkehrsmittel für die ärmeren Bewohner der Metropole. Das alles trotz riesiger Investitionen in das Hauptverkehrsstraßennetz. Es sind neue vier- und sechsspurige Trassen gelegt worden, die aus der Stadt herausführen sollen, es gibt Verkehrsknoten in 3 Ebenen und einige Hochstraßenabschnitte im Zentrum, die Anzahl an zusätzlichen Bewohnern und mehr Fahrzeugen haben aber alles das schon längst wieder aufgefressen. Das Grundproblem, die Modernisierung des öffentlichen Nahverkehrs ist nicht angepackt worden. Nach wie vor sind ziemlich unmoderne Busse der einzige Träger des öffentlichen Nahverkehrs. Meist stehen sie trotz gelegentlicher Busspuren genauso im Stau wie die SUV des Individualverkehrs, sie klappern, sind spartanisch ausgestattet, im Sommer heiß und im Winter kalt. Die Verantwortlichen in Regierung und Stadtverwaltung, palavern nach wie vor von einer sogenannten Vollmetro nach japanischem Vorbild für die Stadt und vergessen dabei wohl gelegentlich, dass Ulaanbaatar nicht Tokio ist. Im öffentlichen Nahverkehr will man hier eine Hochtechnologielösung und weil die Illusion ist, bleibt man halt auf dem Niveau einer zentralafrikanischen Stadt. Ein zaghafter Versuch eine S-Bahn aufzubauen ist leider auch kläglich gescheitert. Viel zu schwere Züge auf einer eingleisigen Strecke an der kaum einer wohnte, ein Trauerspiel diese Geschichte mit durchaus guter Absicht aber unglaublich viel Dilettantismus. Die einzig machbare Alternative, ein modernes oberirdisches System auf Schiene, also landläufig bezeichnet eine Straßenbahn, wurde von den Politgrößen in Stadt und Regierung immer als unangemessen abgetan und nie ernsthaft untersucht und das, obwohl die Voraussetzungen recht günstig sind. Die Hauptachse in Ost-West Richtung, die Enchtaiwan Straße, verfügt über weite Strecken über den Platz eine Gleislage in Mittellage separat vom Straßenverkehr zu führen. Im Bereich des unmittelbaren Stadtzentrums, südlich vom Suchebaatar Platz könnte man ohne großen Aufwand in offener Bauweise eine halben Kilometer Gleis unter der Erde verschwinden lassen und damit drei bis vier Kreuzungen egalisieren und eine attraktive Haltestelle unterirdisch anordnen. Alles machbar und in wenigen Jahren einsatzbereit. Elektrisch mit recht billigem Strom betrieben, würde man über kurz oder lang sogar Kosten gegenüber den Bussen mit alten Dieselmotoren sparen und wäre auch im Winter immer im Vorteil. Aber was machen die Verantwortlichen, sie stecken Geld und Zeit in Studien über Metrosysteme, lassen Hochstraßen bauen, die an einer Kreuzung enden, die sowieso schon immer überstaut ist und sorgen dafür, dass sich auch der letzte Bewohner dieser Stadt ein schrottreifes Importauto zulegen kann, zumindest tun sich nichts dagegen. Die PKW Kilometer pro Einwohner Quote ist so hoch wie kaum in einer anderen Millionenstadt dieser Erde und wer kein eigenes Auto hat gilt schon als abgehängt, obwohl Autofahren in UB schlechthin als krankmachender Stress gilt. Neulich konnte man es sogar hierzulande nachlesen, in einer internationalen Studie des Autoteilelieferers „Mister Auto“ belegt Ulaanbaatar Platz 2 der schlimmsten Städte für Autofahrer, weltweit, nach Mumbai. Die Versuche den PKW Verkehr etwas zu unterdrücken sind ebenso hilflos wie unsinnig. So muss man einmal pro Woche sein Auto für einen Tag stehen lassen, wann das ist entscheidet das Autokennzeichen, wer es sich leisten kann hat deshalb ein zweites Kennzeichen oder einfach noch ein Auto. In der Oberschicht kommt man dadurch wenigsten mal dazu alle Autos aus der Garage zu bewegen. Wem das alles nicht vergönnt ist, der ruft einen Bekannten an und der chauffiert einen dann doch noch dahin wo man hin wollte. Demnächst soll die KFZ Steuer dramatisch erhöht werden, vermutlich wird das aber kaum jemanden abhalten, die Sehnsucht ein eigenes Auto zu haben ist wohl zu stark ausgeprägt. In dieser Beziehung ist der Bewohner von UB auch eher ein Landei als urbane Elite. Das eigene Auto, als Ersatz für das eigene Pferd, muss vor oder unter dem Haus stehen, auch wenn es eigentlich enorme Kosten und gewaltigen Stress bedeutet. Selbst das Wohnen im zwanzigsten Stock eines Hochhauses im Zentrum hält davon nicht ab, obwohl es für den gemeinen Städter nur selten einen Grund gibt die Grenzen der Metropole zu verlassen. Die Verwandtschaft wohnt in der Regel auch da, geschäftlich spielt sich eh alles in der Hauptstadt ab und in Urlaub fliegen die meisten sowieso zu ferneren Zielen. Bleibt als eine der wenigen Gründe das gelegentliche Picknick am Wochenende im weiteren Umland. Fakt ist aber auch, dass der große Teil der Bewohner dieser Stadt erst dann auf den öffentlichen Nahverkehr umsteigen wird, wenn er diesen auch als moderne Alternative wahrnehmen kann. Davon sind die alten ungemütlichen Busse von denen man nie weiß wann sie überhaupt fahren, meilenweit entfernt. Wie eingangs erwähnt, der Beitrag von 2011 zum gleichen Thema wäre eigentlich kaum umzuschreiben gewesen, werden wir 8 Jahren das Thema nochmal aufgreifen, vermutlich wird man dann diesen Text wiederverwenden können. Sollten die Verantwortlichen doch noch zur Vernunft kommen und ihre japanischen Metro Phantasien zu Gunsten von ein paar Straßenbahnkilometern zumindest auf Eis legen, dann könnte es vielleicht doch noch klappen mit ein bischen mehr Lebensqualität für den Großteil der Bewohner dieser Stadt.

Der Hunnu Rock kommt

Mittwoch, August 28th, 2019
Im Sommer spielte The Hu auch auf großen Bühnen in Europa

Mongolischer Folk Rock ist seit Altan Urag, und das ist schon über zehn Jahre her, ein ernstzunehmendes Angebot. Selbst Altan Urag brachte es schon zu einer gewissen internationalen Popularität, was aber The Hu hier jetzt gelandet haben ist ein echter Cup. Mit zwei Videos im Angebot haben sie es bei Youtube zum Stand heute auf 40 Millionen Klicks gebracht, ohne je eine CD veröffentlicht zu haben. Sie standen schon bei insgesamt 20 Millionen Klicks, da hatte noch nicht mal ein ernsthaftes Konzert stattgefunden. Gut das mit den Konzerten sieht jetzt anders aus, eine Europatournee ging über etliche Länder und Stationen und die Nordamerika Tour ist für den Herbst angesagt.

Wie schafft man Millionen Klicks wenn man in Ulaanbaatar sitzt und für die meisten Mongolei und Rockmusik überhaupt keinen Sinn ergeben, vielleicht gerade deshalb? Verdient haben diese beiden Videos auf jeden Fall diese Popularität, aber auch die mongolische Folk Rock Szene überhaupt hat eine Qualität, die weit über ein nationales Interesse hinausgeht. Begonnen hat es wie schon gesagt mit Altan Urag und die sind auch eine der Wurzeln auf die sich The Hu berufen. Das was The Hu den Hunnu Rock bezeichnen, gab es schon in vielen Titeln von Altan Urag in ähnlicher Form. Andere haben es kopiert oder weiterverwendet, aber kommerzieller Erfolg war bisher keinem damit beschieden. Die Folk Rock Fangemeinde in der Mongolei ist sehr überschaubar und im Ausland googelte bislang kaum jemand nach diesen Schlagworten. Schade eigentlich, denn hätte er es getan wäre er bei Altan Urag gelandet und hätte damit auch schon etwas Besonderes geboten bekommen.

Die meisten Ausländer kannten Altan Urag sicher von einem der zahlreichen Live Auftritte in einer der Kneipen von UB. Dort spielte man meist so ein zwanzig Minuten Minikonzert, das aber schon erahnen lies, was in dieser Band wirklich steckt. The Hu sind es anders angegangen, zuerst wurden die besagten zwei Videos produziert und dann hat man diese recht professionell im Internet platziert. Es reichte, dass zwei, drei Kommentatoren sich die Videos als Reaction Video vornahmen und ihre Verwunderung darüber kundtaten, dass in der Mongolei Rockmusik produziert wird. Andere folgten und ratz fatz hatte man Klicks im Millionenbereich, was wiederum Musikjournale dazu veranlasste zu titeln, dass Rocker aus der Mongolei Millionen Views erzeugt hätten. Zu diesem Zeitpunkt wurde auch schon eine Europatournee geplant und neue Titel waren in der Produktion. Das Management lag auch schon bei Profis in Europa und die Musikpresse hierzulande war eingebunden.

Nach einem kleinen Konzert zum warm Spielen in Berlin, war auch der erste große Knaller gleich das Doppelfestival Rock im Park und Rock am Ring. Hier ging das Publikum schon richtig mit und für viele schienen sie schon keine gänzlich Unbekannten mehr zu sein. Die nächsten großen Konzerte auf Festivals zum Beispiel in Belgien, Frankreich oder Tschechien liefen auch nicht schlecht und ehe man es sich versah, waren Videos von diesen Live Auftritten und weiteren bis dato unbekannten Titeln im Internet unterwegs. Die Ankündigung der ersten CD war dann vom Zeitpunkt her auch gut gewählt. Was macht aber diesen Sound für Leute auf der ganzen Welt so interessant? Die traditionelle mongolische Musik ist einfach so nahe an dem was man moderne Rockmusik nennen würde, dass eine Verbindung zu dieser überhaupt nicht schwer fällt. Der Obertongesang ist Hard Rock pur und die Pferdekopfgeige bringt den Crossover zur Perfektion.

Das die Band keine Eintagsfliege ist zeigt schon das dritte echte Video, zwischendurch kam mal mit „Shoog Shoog“ nur eine Vocal Version, also ein wieder recht aufwendig produziertes Video zu „Der große Dschingis Khan“. Eine halbe Million Views in 5 Tagen, das muss man erstmal hinbekommen. Die Titelseite des Musikmagazins SLAM sollte man auch noch erwähnen und die erste CD wird im September weltweit zu erhalten sein. Im Herbst des Jahres kommt dann eine wirklich große USA und Kanada Tour dazu. Bleibt zu wünschen, dass im Windschatten von The Hu auch das eine oder andere mongolische Musikprojekt den Zugang zum internationalen Markt bekommt, verdient hätten es einige.        

Versteppung, Überweidung, Ausbreitung der Wüste???

Dienstag, August 6th, 2019
vor ein paar Jahren war hier noch die typische Kurzgrassteppe vorherrschend

Die gängigen und allgegenwärtigen Klischees zur Mongolei betreffen nicht mehr nur die Lebensweise der Viehzüchter, als sozusagen die letzten Nomaden dieser Erde, sondern mittlerweile auch andere Bereiche des Lebens.

Persönlich halte ich nicht allzu viel von der Verbreitung der Mongoleiklischees, weil sie bei genauerem Hinsehen oft nicht zutreffen oder nur zu einem Teil die Realität abbilden. Das geht eigentlich schon bei dem zitierten letzten Nomaden los, der zum Beispiel im Changai zwei, dreimal im Verlaufe eines Jahres den Standort seiner Jurte wechselt und dabei kaum drei Kilometer zurücklegt, wohlgemerkt immer auf die gleichen Plätze die er schon seit Jahren dafür nutzt.

Das Klischee, das ich hier mal aufgreifen möchte, beschäftigt sich aber mit einem moderneren Problem. ein Thema in dem sozusagen der Zeitgeist dankbar immer wieder und oft medienwirksam die Überweidung, Versteppung oder gar die drohende Wüstenbildung in der Mongolei aufgreift. Ich habe lange überlegt, ob ich meine Beobachtungen dazu aufschreibe, gleichwohl es eben nicht die Beobachtungen sind, die die internationalen Medien so gern weiterkopieren und die auch in der Mongolei eifrig gepflegt werden und die sich so schön einbauen lassen, in die Geschichte der Zerstörung der Natur durch die Zivilisation. Natürlich können mich meine, zugegeben subjektiven Beobachtungen, auch täuschen und vielleicht gibt es auch Wissenschaftler, die sich jetzt tatsächlich entsetzen darüber, aber wenn man mal die Veröffentlichungen hernimmt, die diese Versteppung immer wieder beteuern, da wird auch einfach nur etwas behauptet, bzw. wird abgeschrieben, was jemand irgendwann gemeint hat. Insofern glaube ich meine eigenen Beobachtungen sind da  ein nicht viel schlechterer Beleg für eine Gegenthese.

Meine Eindrücke stützen sich dabei auf den Vergleich bestimmter Orte, die ich auf den Touren über die Jahre immer wieder besucht habe und auch auf den Vergleich von Fotos über die Jahre geschossen. Diese, so mein Eindruck, bestätigen die offizielle These nicht. Ich glaube auch, dass es objektive Gründe gibt, warum das eigentlich so pauschal nicht stimmt. Da ist zum einen das Sommerwetter der letzten Jahre, wir hatten noch vor 10 Jahren wenig Probleme mit aufgeweichten Pisten und Landregen im Juli und August, ich kann mich kaum an einen Regen früher erinnern, der mal einen ganzen Tag angedauert hätte, heute sind diese langsamen Regen, wie man sie in der Mongolei bezeichnet einfach mit im Programm und der Himmel ist wahrlich nicht immer blau. Ich glaube auch mich zu erinnern, dass man in den mittelgroßen Flüssen des Nordens und des Changai eigentlich fast immer Baden konnte, heute führen sie oft das etwas trübe Wasser  nach ergiebigen Regenfällen. Kurzum es scheint zumindest so, dass die Steppe in der zentralen und nördlichen Mongolei im Moment genug Niederschlag bekommt als das man eine akute Zunahme der Wüste befürchten müsste. In der Zone der Gebirgswaldsteppe, also im Changai, dem Khentij oder allgemein dem Norden, deutet alles auf eine Zunahme der Vegetation hin. Als ein Beispiel würde ich mal eine Beobachtung aus diesem Jahr bemühen. Im südlichen Changai, zwischen Zuunbayan Ulaan und Bat Ulzij, haben wir noch bis vor ein paar Jahren nördlich des Passes auf Kurzgraswiesen die Zeltplätze aufgeschlagen, heute stehen an der gleichen Stelle Edelweiß, Nelken, Trollblumen und andere teilweise bis kniehoch und an den Waldrändern breiten sich erste Büsche aus. Hier kommt zu den Niederschlägen und der geringeren Sonneneinstrahlung noch ein anderer wichtiger Fakt hinzu, die Jurten sind weiter talwärts gezogen, nicht viel, aber soweit, dass das Mobilfunknetz des Kreiszentrums erreichbar geworden ist und mit den Jurten sind auch die Bergwiesen nach unten gewandert. Die sichtbare Konzentration der Jurten hin zu Wegen und zur Mobilfunkabdeckung ist unübersehbar. Sie führt sicherlich wiederum zu einer Überlastung der Weideflächen in diesen Bereichen, aber demgegenüber steht eine weitaus größere Entlastung anderswo.

Eine gleiche Beobachtung habe ich oberhalb des „Orchon“- eigentlich Ulaan Gol, Wasserfalles gemacht. Etwa 15 Kilometer oberhalb, auf der nördlichen Seite des breiten Tales stehen heute auch keine Jurten mehr dauerhaft und die Bergwiesen sind ein Blumenteppich. 

Dort wo die reine Steppe und die Gebirgswaldsteppe um die Dominanz ringen, also etwa nördlich der Hauptstadt in Richtung Selenge oder auch an solchen kleinen Gebirgen wie dem Khugene Khaan, kann man eine andere Erscheinung feststellen, die Birken als Pionierpflanzen in den unteren und Randlagen sterben ab und Kiefern ersetzen sie.

Ich will an Hand dieser Beispiele keine komplette Gegenthese zur Versteppungstheorie aufstellen, aber ich bin eigentlich davon überzeugt, dass umgekehrt der Prozess der Wüstenbildung nicht wirklich stattfindet. Es macht sich natürlich ganz gut, wenn die Regierung demonstrativ ihren Kabinettstisch auf den Rand einer Sanddüne stellt und dort medienwirksam eine Sondersitzung vorführt in dem die Mongolei als Opfer der Klimaveränderung anklagt, aber mit der Realität hat das definitiv nichts zu tun zumal die wenigen Sanddünen in der Gobi eher das Produkt von Wind, Temperaturschwankungen und geologischen Prozessen sind und weniger was mit fehlenden Niederschlägen zu tun haben. Wenn in der derzeitigen Situation in der Mongolei Schäden an der Vegetation zu beklagen sind, dann weniger durch das Klima als vielmehr die punktuelle Überweidung, aber die kann man getrost als begrenztes Problem sehen, denn im Moment folgt der Konzentration von Vieh an der einen Stelle in der Regel der Rückzug aus entlegeneren Lagen und das Interesse der Viehalter die Bestände weiter zu erhöhen sinkt mittlerweile auch wieder, weil der Absatz stagniert, nicht zuletzt, weil Hühnchen bei KFC und Pizza ohne Hammelfleisch auskommen.

Das Kreuz mit dem Luftdrehkreuz

Donnerstag, Oktober 18th, 2018

Die Diskussion über einen neuen Flughafen für Ulaanbaatar ist alt, eigentlich fast so alt wie das neue Gebäude am derzeitigen Flughafen. Wobei man gleich sagen muss, das Gebäude, bzw. die Infrastruktur am derzeitigen Hauptstadtairport  ist noch lange nicht an den Grenzen seiner Leistungsfähigkeit angekommen. Da könnten gut und gerne die doppelte Anzahl von Passagieren abgefertigt werden, ohne dass sich jemand bedrängt fühlen müsste. Wenn es eine Begründung für einen neuen Flughafen gibt, dann ist es einfach die Lage, und zwar die Lage einem Tal. Für den täglichen Betrieb bedeutet das ganz einfach, man kann nur von einer Seite hinein aber auch nur zur gleichen Seite wieder hinaus.  Da Flugzeuge die schlechte Eigenschaft haben, bei Rückenwind nicht starten zu können, kann man also in dem Fall nicht ausweichen, während man auf den meisten Flughäfen der Welt einfach die Startrichtung umdreht muss man in UB am Boden bleiben. Nun kommt aber auch noch hinzu, dass die MIAT als typisch mongolisches Unternehmen, immer mal hochfliegende Pläne hat. In dem Fall den vom Drehkreuz. Ganz abwegig ist das nicht, immerhin liegt Ulaanbaatar recht günstig und jeden Tag fliegen hunderte Flieger von Europa nach Asien über die Mongolei, aber dazu braucht man eben mehr als die bisherigen 6 Flugzeuge. Praktisch sehe das so aus, der Flieger aus Berlin erhält am Morgen in Ulaanbaatar Anschluss an den von UB nach Tokio und der Berliner ist damit mindestens  drei Stunden kürzer von Berlin nach Tokio unterwegs als wenn er über Frankfurt fliegt. Könnte schon jetzt so funktionieren, wenn die Anschlüsse da wären und es einen funktionierenden Transitbereich geben würde, aber genau den gibt es nicht. UB ist genau wie Tegel als Endstationsflughafen gebaut worden, d. h. man ging davon aus alle wollen hier hin oder fliegen hier ab, Umsteiger ausgeschlossen. Einen so bestehenden Flughafen auf Transitverkehr umzubauen geht praktisch so gut wie nicht, also muss ein neuer her.

Die Entscheidung dazu wurde schon 2009 getroffen, allerdings passierte  dann eine ganze Weile gar nichts. Im September 2013 wurde dann aber wirklich mit den Bauarbeiten begonnen. Unter japanischer Leitung begannen hauptsächlich chinesische und koreanische Firmen einen Wettlauf mit der Zeit. Der Flughafen sollte Ende 2016 fertig sein, es gab auch monatlich Berichte auf der eigens eingerichteten Webseite dazu und es war dann tatsächlich so, im Januar 2017 war er baulich fertig.  3600 Meter Betonlandebahn, ein hochmodernes  Abfertigungsgebäude mit 6 Anlegern und genügend Vorfeldplätzen, Feuerwehrgebäude, Parkplätze, alles da, was fehlte, war eine Straßenanbindung. Dafür hatte der mongolische Staat sorgen wollen, was in diesem Fall nicht ganz geklappt hatte. Vierzig Kilometer Autobahn sind eben auch noch ein ganz schöner Brocken. Von nun ab verschob sich die Eröffnung im Halbjahrestakt, die Straße war aber wenigstens im Bau. Ende 2017 macht man dann wohl mal den Check, wie man den Betrieb umlegen könnte, dabei kam heraus, dass kaum Personal vom alten Flughafen bereit war auch in dem neuen zu arbeiten, der Grund war ziemlich simpel, kaum einer wollte für den Lohn jeden Tag drei Stunden im Auto verbringen um dahin und wieder zurück zu gelangen. Es gab außer dem Flughafengebäude und dessen Anlagen nicht mal eine Jurte im Umkreis von 20 Kilometern. Damit wurde wohl auch den Politikern klar, dass zu einem Flughafen neben technischen und baulichen Anlagen auch Personal gehört und zu denen auch eine Wohnung und wenn die aber 50 Kilometer entfernt liegt der Anreiz dort zu Arbeiten relativ gering ist. Gerade die vielen Kleinverdiener, die auch an so einem Flughafen gebraucht werden, wären ja völlig uninteressiert gewesen. Nun hätte es in der Mongolei eine schnelle mongolische Lösung geben können, Flächen zuteilen und Jurten aufbauen, aber das wollte verständlicherweise auch der Staat nicht, eine Jurten Siedlung als erstes Bild beim, Landeanflug.  Fazit es muss eine Lösung her, ohne Jurten, also eine neue Stadt und man wäre nicht in der Mongolei, wenn die nicht gleich für einhunderttausend Einwohner geplant würde. Seit ein paar Monaten buddelt und betoniert man wieder am Flughafen, diesmal für die neue Stadt. Eröffnung des Flughafen soll nun im August 2019 sein, vermutlich werden da auch die ersten Wohnungen bezugsfertig sein, ob es dann jemals zu der einhunderttausend Einwohner Stadt kommen wird bleibt fraglich, aber eine eigene Kleinstadt wird es schon werden und wenn dann die MIAT die Vorstellungen vom Drehkreuz in die Tat umsetzt, dann heißt es vielleicht wirklich mal Berlin-Tokio oder Seoul via ULN und wenn man mal doch seinen Anschluss in UB verpasst übernachtet man im Hotel in der neuen Flughafenstadt, mitten in der Steppe.

 

Kohle machen mit der Kohle

Sonntag, September 23rd, 2018

Wenn man mal ganz realistisch betrachtet, womit man so in der Mongolei am schnellsten Geld verdient, dann kommt man nicht auf das Gold, nicht auf Kupfer, auch nicht auf Cashmere oder gar Tourismus, nein es ist die hierzulande totgesagte Kohle. Die Kupfermine Oyu Tolgoi läuft zwar, aber die prognostizierten riesigen Auswirkungen auf Wirtschaft und Steuern bleiben weit zurück, es wird zwar fast jeden Tag eine neue Goldmine aufgenmacht, aber es sind immer nur eine handvoll Leute die da mitmischen und Steuern bei Gold? Das sickert eher so irgendwo durch. Ohne jahrzehntelange Verhandlungen, so kaum bemerkt von der Öffentlichkeit ist aber Tawan Tolgoi, das wohl größte Kohlevorkommen auf dieser Erde in Betrieb gegangen. Hätte man nicht in den Nachrichten vom größsten Stau der Welt gehört, 180 Kilometer LKW Schlange in der Gobi, hätte man wohl kaum eine Vorstellung davon, was da täglich an Kohle aus der Mongolei nach China unterwegs ist. Kohle ist nach wie vor der Energieträger für die Stromerzeugung aber auch in anderen Bereichen der Schlüsselindustrie unabdingbar. China, zweifellos die Fabrik der Erde braucht viel Kohle und die liegt in der Mongolei knapp unter der Grasnarbe, in bester Qualität und es müssen keine Siedlungen, Wälder oder Straßen weichen, man schiebt nur den Schotter der Wüste beiseite. Schaut man sich den Preis aller in der Mongolei verfügbaren Bodenschätze an, so ist auch derzeit die Tendenz bei der Kohle am steilsten nach oben. Bei 72 USD pro Tonne liegt der Preis jetzt im September und damit noch deutlich über dem 5 Jahreshoch. Der Anteil der Lohnkosten ist auch bei der Kohleförderung deutlich höher als bei Gold, Kupfer oder neuerdings Öl. Das heißt, es sind mittelbar und unmittelbar relativ viele Leute beteiligt und das Geld, was damit verdient wird findet sich relativ schnell im Kreislauf von Ausgeben und Einnehmen. So richtig gut könnte das Geschäft für den Staat werden, nämlich wenn er endlich die für Oyu Tolgoi schon lange zugesagten Kohlekraftwerke in der Südgobi bauen würde und dann den Strom verkaufen würde, aber auch bei der Kohle, die jetzt über die Grenze geht, verdient der Staat ganz gut, einen Kohle LKW kann man kaum am Zoll vorbei außer Landes schaffen. Im Gegensatz zu Kupfer oder Gold kennt man aber auch kaum die Kohlebosse, sie wirken eher unerkannt stehen lange nicht so im Fokus wie die Leute von Oyu Tolgoi. Kohle ist für den Mongolen eben sowas wie Feuerholz, viele brauchen es selber, es eben so da und man muss es einsammeln. Kürzlich fand in UB eine interntionale Kohlekonferenz statt, man ist also auch ganz intensiv daran, die Situation für alle Beteiligten weiter zu verbessern. Bis vor kurzem sah es zumindest für den Laien so aus, dass die Kohle in der Mongolei außer Mode kommen würde. Die Regierung wollte den internationalen Meanstream bedienen und sprach nur noch von Wind und Solarenergie, die ja bekanntlich auch in der Mongolei nachts nicht vorhanden sind und das bei einem fast Inselnetz, bei dem schon geringste Angbotsschwankungen zu Totalchaos führen können, die Stadtrandbewohner von UB sollten mit Holz statt Kohle heizen, wobei bekanntlich vielmehr Feinstaub als bei Kohle in den Himmel von Ulaanbaatar geblasen worden wäre und die internationalen Geldgeber wollten aus allen Kohleprojekten aussteigen, weil die ja so unzeitgemäß sind. Nun ist aber alles anders geworden, der Staat ruft nach Kohle für seine Kraftwerke, die an den Leistungsgrenzen fahren müssen, die Leute wollen ihre Häuser im Winter schnell warm bekommen und die Chinesen ziehen alles ab, was verfügbar ist und man kann es vielerortens sehen, der Rubel rollt wieder, es wird nach Jahren der Beschränkung wieder Geld ausgegeben.

auf dem Parkplatz vor der internationalen Kohlekonferenz in UB

Die Baukräne von Ulaanbaatar

Sonntag, September 23rd, 2018

Wenn man die Situation in Ulaanbaatar im Sommer 2018 beschreiben will, kommt man nicht umhin über Baustellen zu berichten. Man hat wirklich den Eindruck im Monent läuft das auch sonst schon bemerkenswerte Baugeschehen aus dem Ruder. Das betrifft nicht nur den Bau neuer Stadtviertel, auch der Verkehrsbau läuft auf Hochtouren. Die Autobahn zum neuen Flughafen, immerhin über 31 Kilometer, ist so gut wie fertig,  neue Straßenknotenpunkte in mehreren Ebenen sind im Bau, genauso wie Brücken und Industriebauten. Am beeindruckendsten sind aber die Baustellen im Wohnungsbau insbesondere wenn man das Geschehen mit dem vergleicht, was man hierzulande dazu sieht um die Wohnungsnot, wie man so schön sagt, zu bekämpfen. Ich habe mich mal da an einem Septembertag auf den Weg vom Zentrum zum Zaisan gemacht und nur die Kräne fotografiert, die man da so vor die Linse bekommt. Da sind nicht die dabei, die man an den beiden neuen Stadtvierteln am alten Flughafen zu Gesicht bekommt, die sich um den Ökopark an der Fertigstellung des dortigen neuen Stadteiles beteiligen oder die zwischen Shangri La und Tuul Fluss Luxusquartiere schaffen. Insgesamt mag man den Eindruck gewinnen, dass im Moment über den Bedarf hinaus gebaut wird, aber man muss natürlich immer im Auge haben, die Stadt wächst immer noch, um mindestens 30 000 Einwohner im Jahr, grundsätzlich kommt also jedes Jahr eine neue Kleinstadt hinzu. Natürlich wird der Hinzuziehende vom Lande nicht gleich eine der Eigentumswohnungen kaufen, aber der Prozess pflanzt sich ja fort. Vermietet der Alt-UB Einwohner seine Wohnung an einen Neubürger und legt ein paar Tugrig drauf, kann er einen Kredit für eine neuere, größere oder einfach passendere Wohnung aufnehmen. Setzt sich die Entwicklung weitere zehn Jahre so fort, wird die Bevölkerungszahl bei 2 Millionen landen und es sind nicht unbedingt kleine Wohnungen, die da zur Zeit verkauft werden. Es wird also vor allem in die Höhe gebaut, urban, asiatisch und effektiv.

Die aberwitzigen Bauprojekte aus UB

Freitag, Oktober 26th, 2012

 stadt-510.jpg

Nachdem für Oberschichtenwohnviertel ganze Täler geopfert werden, will die Regierung nun auch aus Ulaanbaatar rausziehen

Im Sommer 2011 hatte ich das Vergnügen in ein Projektbüro in Ulaanbaatar eingeladen zu werden, dass sich mit der Planung einer Studentenstadt beschäftigte.

Es war eine staatliche Einrichtung, die im Auftrag des Bildungsministeriums halb privatwirtschaftlich, halb behördlich agierte. Im Büro erwarteten mich ein paar Mitarbeiter an weitgehend leeren Schreibtischen, lediglich ein älterer Mann mit kariertem Hemd und Strickjacke bemühte sich gerade mit Lineal und Bleistift in einer topografischen Karte eine Gefällestrecke zu ermitteln. Ihm gegenüber saß ein junger Mensch im glänzenden Anzug und beschäftigte sich permanent mit seinem iPhon.

Mein Gesprächpartner, der Chef des Büros, empfing mich mit den leider so typischen philosophischen Phrasen, die zumindest schlechte mongolische Verwaltungsbeamte so ständig an den Mann bringen wollten. Der eigentliche Schatz der Mongolei sei nicht, wie alle Denken, im Boden versteckt, sondern in den Köpfen der jungen Leute und er sei mit seinem Projekt sozusagen der Bergmann des Wissens. Da ich die Mongolei und seine hohen Beamten seit vielen Jahren kenne, hat mich das recht wenig beeindruckt und ich wollte relativ schnell zur Sache kommen. Er führte mich dann an ein Modell auf dem zahllose Holzklötzchen verschiedene Gebäude darstellen sollten. Solche Modelle waren im ehemaligen Ostblock sehr beliebt, da man damit den Parteifunktionären in einer recht primitiven Form die Ausmaße eines Großprojektes veranschaulichen und für Zustimmung werben konnte. Neben einer Unmenge von Quadern für verschiedenartige Gebäude konnte man natürlich auch Sportanlagen, ein Stadion, Parkanlagen, ein Schwimmbad und Veranstaltungsgebäude erkennen. Interessant war, dass es sich nicht um einen neuen Stadtteil von Ulaanbaatar handeln sollte, nein es sollte eine neue Stadt werden. Eine Studentenstadt ungefähr dreißig Kilometer von der Hauptstadt entfernt. Hier wollte man also all das, was man in Ulaanbaatar an Problemen seit Jahren nicht in den Griff bekommt mit einem Schlag von Anfang an gelöst haben.

In diesem elitären Stadtsatelliten sollten zukünftig alle Studenten der Mongolei, alle Hochschulen und Universitäten samt ihren Dozenten, Mitarbeitern und deren Familien, also einhunderttausend Menschen leben. Der Chef war unglaublich begeistert von diesem Projekt und schwärmte davon, dass damit die Mongolei zur Wissenschaftsnation aufsteigen würde. Ich sah die Sache allerdings etwas anders und konnte mir den Gedanken nicht verkneifen, dass irgendwelche Leute einfach wollten, dass ihre Kinder ihr Studium abseits des Blickes auf Jurtensiedlungen, ohne Verkehrsstau und Smog im Winter, in einer Umgebung genießen können, die keine sozialen Verwerfungen zeigt und in der die Armut einfach draußen bleibt.

Mit gefiel also das Projekt vom ersten Moment an nicht, ich versuchte aber dennoch hinter ein paar Zahlen und Fakten zu kommen. Das war aber fast unmöglich. Der Chef kannte noch eine große Gesamtsumme, das waren 3,6 Milliarden USD, das wäre Bildung schon wert, wie er sagte. Mir schien das für den mongolischen Staatshaushalt eine geradezu utopische Größenordnung, wo bisher die größten staatlichen Infrastrukturprojekte im unteren zweistelligen Millionenbereich enden.  Auf die Frage, wie lange an dem Projekt gebaut werden sollte, meinte er maximal fünf Jahre! Das wären dann doch über 700 Millionen USD pro Jahr, da wäre doch die Hälfte der Staatseinahmen für 5 Jahre nur dafür aufzuwenden?  Um eine Antwort sichtlich verlegen, sagte er, dass ja vieles davon privat finanziert würde und man auch internationale Investoren suche. Ich stelle mir gerade vor, wie internationale Banken ein Hochschulgebäude in der mongolischen Steppe finanzierten um dann im Gegenzug mongolische BWLer zu erhalten. Spaß beiseite, aber hier fühlte ich mich schon fast wie in einem Märchenfilm. Die Wohnhäuser für Studenten und Angestellte würden natürlich von privaten mongolischen Investoren errichtet, die sie dann vermieten könnten. Auf die Frage, wie hoch denn für einen gewöhnlichen mongolischen Studenten die Miete sein sollte, meinte er, natürlich nicht sehr hoch, kramte in seinem Gedächtnis und sagte dann was von zum Beispiel hunderttausend Tugrig, also 60 USD.

Da aber die Quadratmeterpreise für neuen Wohnraum  in Ulaanbaatar bei fast 2000 USD liegen, könnte man dafür ja kaum 5 Quadratmeter vermieten, wenn man noch ein paar Cent Gewinn machen will. Er reagierte auf diese Bedenken ziemlich genervt. Da es aussichtslos erschien, vom Chef ein paar wirklich fundierte Zahlen zu bekommen, fragte ich aus Höflichkeit noch nach ein paar Details zur Infrastruktur, also Verkehrsanbindung, Energieversorgung, Abwasserentsorgung was aber noch mehr in Leere lief, denn er verwies immer nur auf noch durchzuführende Untersuchungen, was aber in Anbetracht des geplanten Baubeginnes im Jahr 2102 nun schon beste Münchhausengeschichten in den Schatten gestellt hätte.

Ich dachte nun, dass nach der Wahl diese Projektidee dorthin gewandert wäre, wo sie hingehört, in die Mülltonne der phantastischen Wahlversprechen. Dort wo nun auch die Hochgeschwindigkeitsbahn nach Darchan, die Hightechmetro im Jahr 2017 oder die zahllosen anderen Legenden gelandet sind, nein, ich muss erschreckt feststellen, dass auf einer Veranstaltung in Berlin in den vergangenen Tagen dieses Projekt sogar noch eine Schwester bekommen hat, die eigene Vorstadt für die Regierung. Ganz nach dem Motto, den Politikern und Regierungsbeamten ist Ulaanbaatar nicht mehr zuzumuten. Diese neuerliche Vision wurde, zusammen mit der Studentenstadt, in einer Veranstaltung vor deutschen Unternehmern durch eine Delegation unter Führung des Oberbürgermeisters von Ulaanbaatar präsentiert. Machen wir es doch einfach umgedreht, wenn diese Leute UB nicht mehr ertragen wollen, dann kann doch besser die ganze Regierung auswandern. Eine Regierung sucht sich ein neues Land, indem es keine Jurtensiedlungen, kein Verkehrschaos, keine Luftverschmutzung und nur billige aber dennoch nicht arme Untertanen gibt. Für die Mongolei wäre es vielleicht die beste Lösung.

Wahlkampf in der Mongolei

Donnerstag, Juni 21st, 2012

wahlkampf-500.JPG

Innerhalb eines Tages an die Wohnungstür gebracht

Am 28. Juni wird in der Mongolei ein neues Parlament gewählt. ich möchte mich hier nicht zu der einen oder anderen poltischen Partei bekennen oder über den Ausgang spekulieren, ich möchte einfach meine Eindrücke schildern, die ein paar Tage mongolischer Wahlkampf hinterlassen. Man kann dem Geschehen auch nicht entgehen, denn der Wahlkampf wird omnipräsent, aufdringlich, und extrem verschwenderisch geführt. Wenn es sich in Deutschland die Spitzenkandidaten der Parteien leisten mit einem plakatierten Bus durch die Lande zu ziehen, hier hat jeder Parlamentskandidat und das sind immerhin um die 600 einen Bus oder Zumindest einen Kleinbus, der für ihn die Straßen auf- und abfährt. Jeder Kandidat hat einen eigene Wahlbroschüre in der er seine ganz persönlichen Versprechungen macht. Da wären wir auch schon bei den Inhalten, es geht da weniger um abgestimmte Parteiprogramme sondern um oftmals selbst ersonnene Versprechungen. Da verheißt der Kandidat A einer Partei, den Bau einer Metro bis 2015 und Kandidat B der gleichen Partei will eine Hochgeschwindigkeistbahn zwischen Uaanbaatar und Darchan bauen lassen. Abgesehen davon, dass beide Beispiele ins Reich der Märchen gehören, sieht man daran, wie eng man sich wohl mit der Parteiführung abgestimmt hat.
Das Fernsehgerät kann man in diesen Tagen komplett auslassen, denn die koreanischen Seifenopern werden nur noch von Wahlsendungen unterbrochen. Das Geschäft des Jahrzehntes für die Sender, denn jede Minute, ob simple Wahlwerbung oder gesponserte „Fachbeiträge“ der Kandidaten, alles wird bar bezahlt. Hier wären wir auch gleich beim Geld. Jeder Direktkandidat bezahlt, alles selbst, die Prospekte, den Bus, die Helfer, die Plakate, die Wächter, die die Plakate bewachen müssen, die Konkurrenz schläft ja nicht und natürlich die TV Sendungen.
Da kommen ganz locker mal fünfzig- bis einhunderttausend USD Dollar zusammen, für einen Hintlerbänkler, die großen gehen auf Nummersicher und legen so auch mal eine Viertelmillion hin. So richtig was kostenlassen hat sich der Bürgermeister der Hauptstadt die Sache, ein Hochglanzheft vom Feinsten stellt ihn als eine edlen Recken dar. Die Frage ist nur, warum gibt jemand eine halbe Million aus, um sich einen Job zu sichern, der dann 500 ! Euro im Monat einbringt. Ein Schelm wer Arges dabei denkt. Aber trotz eines so kläglichen Saläres, wird man in der Mongolei als Minister, die verdienen auch kaum mehr oder Hauptstadtbürgermeister innerhalb nur weniger Amtsjahre wie durch ein Wunder zu einem vermögenden Millionär.
Ja, Politik ist in Ulaanbaatar ein riesen Geschäft, aber alle vier Jahre wird der Wahlkampf zu einem noch größeren, bei dem holen sich Einige von dem etwas zurück, Druckereien, Wahlkampfhelfer, Fernsehjournalisten bis hin zu den Kleinkrimminellen, die nachts im Auftrag der Anderen die überdimensionalen Plakate wieder runterholen.

Staatsbesuch

Samstag, März 31st, 2012

elbegdorj-515.jpg

Derzeit weilt der mongolische Präsident Elbegdorj in Deutschland zum Staatsbesuch. Vorausgegangen war dem ja der Besuch der deutschen Kanzlerin im Oktober 2011 in der Mongolei. 

Schwerpunkt des Besuches sollen nach offiziellen Angaben Themen der Rohstoffpartnerschaft sein, hierzu wurde ja im schon ein Abkommen unterzeichnet, aber auch die wirtschaftliche Zusammenarbeit soll in Schwung gebracht werden.

Das Abkommen zur Rohstoffpartnerschaft ist ja hauptsächlich eine Willenserklärung auf Regierungsebene, relativ unkonkret und für die deutsche Politik Neuland.

Als konkretes Beispiel für die wirtschaftliche Zusammenarbeit wird dabei immer die geplante Anlage zur Kohleverflüssigung genannt. Dazu reist der Präsident auch zu Thyssen Krupp um dort einen Vertrag zu unterzeichnen. Auf eine Frage in der Pressekonferenz hin, hatte die Kanzlerin klar gestellt, dass Thyssen Krupp hier ausschließlich auf privatwirtschaftlicher Basis als Unternehmen handelt und die Bundesregierung, was auch nicht anders zu erwarten war, nicht an dem Projekt beteiligt ist.

Unklar ist aber, wie die mongolische Seite mit dem Projekt umgeht, wenn Elbegdorj zur Vertragsunterzeichnung reist, kann das ja nur bedeuten, dass der mongolische Staat Partner von Thyssen Krupp wird? Man kann auch kaum davon ausgehen, dass Thyssen Krupp die Anlage betreiben möchte, es bleibt also die Konstellation, dass Thyssen Krupp die Anlage errichtet und der mongolische Staat Eigentümer wird. Ein Staatsbetrieb in der Größenordnung hätte aber der Mongolei noch gefehlt. Mongolische Staatsbetriebe sind allesamt Versorgungsinstitute für Angehörige von Politikern. Da werden bestbezahlte Posten und viele Privilegien an Leute vergeben, die da eigentlich überhaupt nicht hingehören. Das Problem dürfte sich noch extrem verschärfen, wenn man das Risiko des Projektes betrachtet. Sicherlich ist die Kohleverflüssigung für die Mongolei ein sinnvolles Vorhaben, wenn es wirtschaftlich ist, aber genau da liegt der Hase im Pfeffer. Keiner der Beteiligten, auch Thyssen Krupp nicht, kann sicher sein, ob die Anlage wirklich die gedachten Parameter errechen wird. Es gibt einfach keine Beispiele. Die Technologie wurde lediglich in Südafrika als Notlösung angewendet, es wurden schon lange keine neuen Anlagen errichtet und keiner kann sicher die Kosten des Verfahrens einschätzen und welchen Einfluss die speziellen Bedingungen in der Mongolei, ich denke nur an 5 Monate Winter mit bis zu minus 40 Grad, haben werden, ist allemal theoretisch abschätzbar.

Wenn es nun ein Staatsbetrieb wird, dann kann nur Thyssen Krupp gewinnen, für die wäre es sozusagen ein gut bezahlter Feldversuch für eine neue Technologie, für den mongolischen Steuerzahler wird es im besten Fall eine Nullbuchung, im schlimmsten Fall eine echte Belastung. Nullnummer deshalb, weil ein Staatsbetrieb in der Mongolei vermutlich kaum Gewinne machen wird, dafür wird man schon sorgen und eine Belastung dann, wenn der Betrieb Verluste schreibt.

Wie also soll der Vertrag aussehen, der in diesen Tagen unterschrieben wird? Oder haben die bauernschlauen Regierungspolitiker in der Mongolei schon einen Plan B im Hinterkopf. In der Art, dass der Staat das Projekt finanziert und dann später wenn es läuft privatisiert? Auf die Art sind ja ganze Landstriche an ausländische Bergbaufirmen verkauft worden. Man hat die staatlichen Archive auf Explorationsberichte durchforstet, die juristischen Voraussetzungen geschaffen, dass man dann als Privatmann die Rechte an den Grundstücken billig erweben konnte, sich die Abbaurechte günstig dazu besorgt und dann nach ein paar Jahren Explorationsberichte, Grundstücke und Lizenzen als fettes Paket für sehr viel Geld wiederverkauft.   

Warum also unterzeichnet der mongolische Staat, bzw. der Präsident einen Vertrag für dieses Projekt? Es ist nicht unüblich, dass bei Staatsbesuchen bedeutende wirtschaftliche Verträge abgeschlossen werden, aber da stehen in der Regel die Politiker nur dabei und sonnen sich in der Rolle des Vermittlers, maximal schließt man noch mit Regierungen von ehemaligen Sowjetrepubliken wie Usbekistan oder  Turkmenien wirtschaftliche Verträge. Dort gehören große Firmen formal dem Staat, werden aber von den Herrscherclans nach Gutdünken privat ausgebeutet werden. Die Mongolei ist eine parlamentarische Demokratie und es sollte eigentlich eine strikte Trennung zwischen privatem und staatlichem Eigentum gelten.

Man sollte also in der Mongolei aufmerksam verfolgen, was da bei Thyssen für ein Vertrag unterzeichnet wird. 

                        

Die Provinzstädte der Mongolei

Samstag, Dezember 24th, 2011

erdenet-510.jpg

Erdenet – Winter in der Provinz

Im letzten Beitrag hatte ich erklärt, dass es vor allem auch Ziel dieses Forum sei, die moderne, urbane Gesellschaft der Mongolei zu thematisieren, über das Leben der Viehzüchter wird ja ziemlich viel geschrieben und jeder hat da so seine Vorstellungen.

Wenn man das urbane Leben in der Mongolei beleuchtet, dann darf man sich aber nicht auf Ulaanbaatar beschränken, es gibt ja noch die Provinz oder Aimakstädte und über die weis man hierzulande fast gar nichts. Die Provinzstädte sind aber das eigentliche Bindeglied zwischen den Viehzüchtern in der Steppe und der Hauptstadt und es leben etwa eine dreiviertel Millionen Menschen in solchen Siedlungen. Eigentlich sollten diese Städte den wesentlichen Teil der Landflucht abfangen der heute direkt vom Lande in die Hauptstadt stattfindet. Die Bedeutung dieser Städte sollte auf alle Fälle gestärkt werden, dass wäre auf alle Fälle auch von Nutzen für die Hauptstadt, aber wie sieht es bisher in der Realität aus? Eher düster, wenn man sich mal so ein normales Aimakzentrum anschaut. In der Regel wohnen dort zwischen 20 und 40 Tausend Einwohner, aber die Infrastruktur reicht hinten und vorne nicht aus, so dass die Mehrheit der Bevölkerung in Jurten Siedlungen lebt. Hier fallen die Defizite zwar nicht so krass ins Auge wie in Ulaanbaatar, aber praktisch sind die nicht anders als in der Hauptstadt, hier akzeptiert man jedoch fehlende Wasserversorgung und unbefestigte Straßen eher als in der Millionenstadt. Unter den Provinzstädten gibt es zwei bis drei, die was ihre Größe und Urbanität betrifft deutlich herausfallen, das sind Erdenet, Darchan und vielleicht noch Tschoibalsan, den Rest kann man wohl in schlafende, von weitgehender Stagnation erfasste Siedlungen und sich entwickelnde Zentren unterteilen.

Was die drei großen betrifft, so hat man dort schon das Gefühl in einer Stadt im westlichen Sinne zu sein. Um die 100 000 Einwohner, ein Großteil davon wohnt in  Plattenbauten und ein wenig Industrie, dazu auch ein befestigtes Straßennetz und ordentliche Einkaufsmöglichkeiten. Am besten entwickelt ist das alles in Erdenet. Auf der etwa einen Kilometer langen Hauptstraße gibt es ein paar Hochhäuser, zwei richtige Warenhäuser und ein paar Restaurants, die auch ein Europäer freiwillig besuchen würde. Die Stadt ist eine Neugründung und verdankt ihre Entstehung der mongolisch-russischen Kupfermine. Der Bahnanschluss nach Ulaanbaatar ist akzeptabel und die Straße bis dorthin auch wenigstens in Asphalt.

In Darchan sieht es ähnlich aus, allerdings ist dort die Kaufkraft lange nicht so hoch wie bei den Minenangestellten von Erdenet, eine Industriestadt ist es aber dennoch und nicht so sehr in Abhängigkeit von dem einen Arbeitgeber wie Erdenet. In Tschoibalsan spielt die Industrie nur eine untergeordnete Rolle, demzufolge ist die Perspektive auch nicht so rosig.

Was die Zukunftsaussichten betrifft stehen einige von den übrigen Aimakzentren sogar besser da als die drei Großen. Dalanzadgad zum Beispiel hat drei Chancen einer positiven Entwicklung, das sind der Tourismus, das Kaschmire Geschäft und der Bergbau. Es sieht zwar heute noch nicht so toll aus im Ort, aber die Einwohnerzahl hat sich in 10 Jahren mehr als verdoppelt, es wird Geld verdient und man ist nahe dran an Oyu Tolgoi und Tawan Tolgoi. Es gibt heute schon ein kleines aber modernes Einkaufszentrum, man baut Eigentumswohnungen, ein sicheres Zeichen für kleinen Wohlstand und am Airport ist für mongolische Provinz Verhältnisse richtig Betrieb. Ein weiterer wirtschaftlicher Aufsteiger könnte Sainschand werden. Hier ist ein größerer Industriekomplex geplant. Mit seiner Lage an der Eisenbahn und in der Nähe der großen Kohlelagerstätten in der Gobi, keine schlechten Voraussetzungen.

Von der Bevölkerungszahl her entwickelt sich auch Murun ziemlich schnell nach oben, allerdings fehlt hier der große wirtschaftliche Initiator. Der Ort hat schon fast 50 000 Einwohner und eine wirklich schöne Umgebung, das Klima passt auch ganz gut und die Bevölkerung hier im Norden ist recht bodenständig und lebt schon länger in Siedlungen. Die wirtschaftliche Basis könnten hier eher Handwerk und kleine Betriebe bilden, also vielleicht die Schwaben der Mongolei. Hier hat man auch schon immer ein wenig mehr Wert auf das Ortsbild gelegt, als in den Wüstensiedlungen, viel gebracht hat es natürlich auch nicht, denn wie überall in der mongolischen Provinz fehlt den staatlichen Institutionen das Geld für Investitionen oder auch nur für die Sanierung der Erbschaften des Sozialismus. Ohne die sehe es in den Aimakstädten noch anders aus, denn nur bis 1990 wurden überhaupt größere Gebäude errichtet, dann passierte erstmal 15 Jahre überhaupt nichts.

Da diese Zentren alle etwa zur gleichen Zeit, in den 1970 er Jahren und mit ähnlicher Ausstattung errichtet wurden, sieht es auch immer fast gleich aus. Lediglich bei den wenigen in den letzten Jahren entstandenen Gebäuden gibt es eine gewisse Eigenständigkeit zu Erkennen. Das ist auch sicher einer der Gründe, warum sich kaum jemand mit seiner Provinzstadt identifiziert, oder gar stolz ist, das wiederum wäre aber wichtig, um die Leute wenigstens vor Ort zu halten. Manche Randgebiete eines Aimakzentrums sehen auch wirklich eher aus wie ein Notaufnahmelager nach einem Katastrophenereignis oder bestenfalls ein Feldlager. Während heute der Abstand zwischen einer deutschen Großstadt und Ulaanbaatar mehr und mehr schwindet, sind Vergleiche einer deutschen Kleinstadt mit einem mongolischen Provinzzentrum geradezu abstrus. Was in diesen Städten natürlich auch fast völlig fehlt sind Leute mit Kaufkraft, man kann sicher davon ausgehen, dass 99 Prozent der so genannten oberen Zehntausend der Mongolei in Ulaanbaatar leben, ein paar gibt es noch in Erdenet, aber der wohlhabendste Bürger von Mandalgobi dürfte in UB wohl kaum in einem Mittelstandsclub Aufnahme finden.