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Die mongolische Demokratie

Mittwoch, November 30th, 2011

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Das Regierungsgebäude in Ulaanbaatar

Im Zuge des Besuches der Kanzlerin in Ulaanbaatar konnte man es allenthalben Lesen, die Mongolei wird im Westen bezüglich Ihrer Demokratie häufig gelobt. Was ist die mongolische Demokratie eigentlich? Oder wie demokratisch ist dieses System. Wenn man mal die aktuelle Situation mit anderen Staaten der Region vergleicht, also China, den ehemaligen Sowjetrepubliken oder Russland, dann ist natürlich die mongolische Gesellschaft geradezu eine Musterdemokratie aber trotzdem funktioniert es im politischen Alltag zumindest ganz anders als zum Beispiel in Deutschland.

Wenn man unter einer demokratischen Gesellschaft zunächst mal freiheitliche Rechte versteht, also Meinungsfreiheit, die Freiheit sich politisch betätigen zu können, Pressefreiheit oder auch die Wahrung von Bürgerrechten, dann ist die Mongolei kaum zu unterscheiden von westeuropäischen Staaten. Es gibt eine Unzahl von Parteien und politischen Bewegungen, es wird ewig über Themen debattiert, jeder der sich dazu berufen fühlt kann seine Meinungsäußerungen unbeschadet in die Öffentlichkeit bringen, selbst wenn es bis zu Verleumdungen, Unterstellungen oder Beleidigungen geht passiert in der Regel nichts.

Das Recht auf Demonstrationen ist sowohl im Gesetz als auch in der Praxis jederzeit gewahrt und die Mongolen haben mit ihren Protestjurten auf dem Suche Baatar Platz möglicherweise das Vorbild geschaffen, für die späteren Zeltplatzdemos auf allen möglichen Plätzen dieser Erde, von der Ukraine bis nach Nordafrika und nun Occupy, zumindest waren es die ersten, die das Innenstadtcamping als Protestform kultiviert haben.

Das Recht auf freie Wahlen wird eigentlich ziemlich sauber umgesetzt, wenn auch die Verlierer manchmal das Gegenteil behaupten, eine größere Wahlmanipulation wurde noch nie bewiesen und ist auch nicht sehr wahrscheinlich.  

Im Parlament selbst funktioniert die Demokratie eigentlich auch ganz gut, denn im Gegensatz zu Deutschland hat man hier bei der Abstimmung nicht mal diesen sklavischen Fraktionszwang und so mancher Politiker vertritt durchaus mal eine andere Meinung als sein Parteichef, wirklich wohltuend wenn man mal an den deutschen Bundestag denkt, wo Entscheidungen ja nur noch abgenickt werden. 

Was ist nun der Grund, warum man als Beobachter in Ulaanbaatar doch nicht so zufrieden sein kann mit der Demokratie? Es sind einfach immer die gleichen Leute, die politische Ämter besetzen und es sind immer auch Leute mit sehr eigenen wirtschaftlichen Interessen, Unternehmer, Geschäftemacher, Vermögende und es sind nicht unbedingt die edelsten Charaktere, die da auf den Parlamentsbänken sitzen. An dieser Situation wird sich wohl auch in Zukunft wenig ändern, denn es fehlen zwei wichtige Dinge zur lebendigen Demokratie. Das sind zunächst die   Politiker, die frei von eigenen wirtschaftlichen Interessen arbeiten und entscheiden können. Schon die Parteien verfügen kaum über solche Art Berufspolitiker.  Ein paar Parteiangestellte werden von der Partei mehr schlecht als recht bezahlt, um die organisatorische Arbeit zu machen, die wenigen Spitzenpolitiker verdienen ihr Geld nicht bei der Partei. Die Rollen sind klar verteilt, Parteiarbeiter auf der einen und Prominente auf der anderen Seite. Der Wahlkampf eines Kandidaten zur Parlamentswahl wird auch immer von diesem privat finanziert, im Gegenteil bei den Exkommunisten musste man bei der letzten Wahl sogar ein Startgeld an die Partei bezahlen um kandidieren zu dürfen. Dieses System stellt praktisch sicher, dass immer nur die Kader mit hohen privaten Vermögen auch wieder den Weg ins Parlament finden können. Persönliche Fähigkeiten oder gar Charaktereigenschaften spielen bei dieser Auswahl überhaupt keine Rolle. Sofort stellt sich dann noch die Frage, warum will dann jemand, der Firmen und privates Vermögen besitzt überhaupt in ein Parlament, wo er im Monat soviel verdient, wie er sonst an manchem auf einmal Tag ausgibt? Ganz paradox wird die Betrachtung, wenn man berücksichtigt, dass ihn der Wahlkampf die üblichen einhunderttausend bis eine Millionen USD kostet und das ungefähr das zwanzigfache von dem ist, was er in seiner Parlamentsarbeit in den vier Jahren verdienen wird. Die Erklärung ist ebenso simpel, wie pervers, er geht davon aus, dass er seinen Einsatz für Plakate, Helfer, Shows und Feuerwerke im Wahlkampf doppelt und dreifach wieder zurückbekommt, wenn er seine parlamentarische Arbeit möglichst effizient macht und das bedeutet in Ulaanbaatar, möglichst wenig Sitzungsaufwand und seine eigenen Projekte oder die an denen man prosperiert durchzubringen.   

Es gibt aber noch einen zweiten Grund, warum man in der Mongolei trotz Demokratie und Wahlen wohl noch lange Zeit immer die gleichen Politikergesichter im TV sehen wird, das ist der Wähler selbst. Leider ist die Bevölkerung an der Realpolitik nahezu gar nicht interessiert.  Es ist den Leuten auf der Straße eigentlich egal, welche Strategien die Parteien für die Lösung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Probleme bereithalten, sofern sie es überhaupt tun. In der Regel werden von den Parteien sowieso nur allgemeine und pauschale Versprechungen gemacht, aber auch da überlegt der mongolische Wähler nicht lange, er findet das gut, was ihm persönlich scheinbar nutzt und ob Projekte überhaupt real sind darüber denkt er kaum nach. In der Regel wird dem Wähler einfach Geld versprochen, Bürgergeld, Kindergeld, höhere Mindestlöhne oder einfach eine Prämie für alle, wenn man den oder den wählt. Kommt dann der Wahltermin immer näher fährt mancher mongolische Wähler auf immer simplere Reize ab, der Kandidat hatte ein gutes Feuerwerk inszeniert oder eine bekannte Popband auf die Bühne gestellt oder kostenloses Feuerholz für die Jurte im Winter versprochen. So wählt man halt immer wieder die gleichen prominenten Leute. Man hat sogar das Gefühl, der mongolische Wähler verbindet seine Stimme generell lieber mit einem Sieger und gewinnt sozusagen mit dem als auf der Verliererseite zu stehen.

Wenn man die Frage stellt, wem nutzt diese mongolische Form der Demokratie am meisten, muss man ganz klar sagen, der kleinen vermögenden politischen Klasse in Ulaanbaatar selbst. Die kann ihre politische Macht dazu nutzen ihre wirtschaftlichen Möglichkeiten zu verbessern und sie kann im Gegenzug ihre wirtschaftliche Potenz wiederum einsetzen um die politische Macht zu sichern, dabei ist eigentlich gar nicht mehr wichtig welcher Partei man angehört, Hauptsache man sitzt im Parlament und mittlerweile arrangiert man sich immer ganz gut miteinander, ob Wahlverlierer oder Wahlsieger, das ist fast egal in Ulaanbaatar.     

Würde man eine Regelung finden, wonach Politiker nicht nach ihrem Vermögen, sondern nach ihren politischen Kompetenzen als Kandidaten in den Wahlkampf gehen könnten, hätte die mongolische Demokratie schon viel gewonnen.

Landflucht in der Mongolei

Mittwoch, November 16th, 2011

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Immer mehr Mongolen ziehen das Stadtleben der Steppe vor

Als ich das erste mal 1985 die Mongolei besuchte, wohnten um die 500 000 Menschen in der Stadt Ulaanbaatar, heute sind es 1,2 Millionen. Die Gesamtbevölkerung lag damals bei etwas mehr als 2 Millionen, heute sind es etwa achthunderttausend mehr. Während die Gesamtbevölkerung also etwa 40 Prozent zugelegt hat, ist die Einwohnerzahl der Hauptstadt um 140 Prozent gewachsen. Hinter dieser Zahl steht eine Welle der Landflucht, die sich seit den 1990 er Jahren vollzieht und deren Geschwindigkeit zunimmt. Derzeit siedeln etwa 50 000 Menschen pro Jahr nach Ulaanbaatar um. Westliche Kommentatoren, insbesondere aus Kreisen von Entwicklungshilfeorganisationen, sehen die Ursachen hauptsächlich im wirtschaftlichen Bankrott von Viehzüchtern, die ihre Herden verloren haben. Diesen Fall gibt es sicherlich auch, er erklärt aber nicht die Größenordnung der Wanderungsbewegung. Es gibt auch mindestens drei Bevölkerungsgruppen aus denen sich der Zuzug zusammensetzt, das sind neben ganzen Viehzüchterfamilien, vor allem die Jugendlichen, die zur Ausbildung nach Ulaanbaatar gehen und dann dort bleiben. Eine dritte Gruppe sind ältere Leute, die am Ende ihres Lebens zu Kindern oder Verwandten in die Stadt übersiedeln. Während die letzten beiden Gruppen die Entscheidung eindeutig freiwillig treffen, gibt es bei den Viehzüchterfamilien sowohl den Fall, dass man aus wirtschaftlicher Not das Leben auf dem Lande aufgibt, es kann aber durchaus auch sein, dass man noch genügend Vieh besitzt um eine Existenz abzusichern, aber man dennoch die Herde verkauft und mit dem Geld versucht eine neue Existenz in der Stadt aufzubauen.

Oft wird die Situation im Westen so dargestellt, dass der Viehzüchter praktisch nie freiwillig sein Leben in der Steppe aufgibt, der Beobachter vor Ort weiß aber, dass das Stadtleben auf viele Viehzüchter eine starke Anziehung ausübt, nicht nur auf junge Leute, auch Frauen im mittleren Alter ziehen nicht selten ein Leben in der Stadt vor. Für viele ist aber die Existenz in der Stadt zu unsicher, als dass sie den Schritt gehen. Wären die Chancen auf gut bezahlte Arbeit in der Hauptstadt besser, sehe die Tendenz noch ganz anders aus.

Bis zur politischen Wende 1990 wurde der Zuzug vom Land nach Ulaanbaatar streng geregelt. Eine Wohnsitznahme in der Hauptstadt war mit hohen Hürden verbunden und nur wenige schafften den Sprung nach Ulaanbaatar, selbst als studierter Landbewohner landete man eher in einem Aimakzentrum. Hätte es die staatlichen Regelungen nicht gegeben, wäre die derzeitige Situation sicher schon in den 1990 er Jahren eingetreten.

Bis zur Wende hatten die Behörden versucht, den genehmigten Zuzug an den Bau von neuen Wohnungen und die Schaffung von Arbeitsplätzen zu koppeln.

Auch wenn es nicht der Wunsch so manchen Ethnofreundes ist, die Landbevölkerung in der Mongolei wird weiter rapide abnehmen. Eine moderne Industriegesellschaft kann einfach nicht für 30 Prozent der Bevölkerung Arbeit in der Landwirtschaft bereithalten. Geht man einmal von 10 Prozent aus, dann wären dass maximal dreihunderttausend Menschen insgesamt.

Die Vorteile, die eine moderne Großstadt bieten kann sind einfach auch für Landmongolen zu verlockend. Eine beheizte Wohnung wirkt bei Wintertemperaturen von unter minus 30 Grad für jeden der das mal erlebt hat, fast existenziell, fließendes Wasser, für einen Viehzüchter unerreichbar, oder die Möglichkeit in wenigen Minuten einen Notarzt zur Seite haben zu können.

Es gibt aber auch so ganz triviale Dinge wie den Fernsehempfang mit dutzenden Programmen oder ein Warenangebot das nahezu alles bietet. Entgegen vielen Thesen lieben es Mongolen auch unter Leuten zu sein und wochenlang in der Jurte nur die Familie um sich zu haben gefällt auch dort keinem wirklich.

Natürlich bedeutet für einen Übersiedler Ulaanbaatar nicht automatisch Wohnung, fließendes Wasser und Geld zum Shopping, aber man ist dem ganzen schon einen wesentlichen Schritt näher als 1000 Kilometer weiter in der Gobi. Am Anfang werden viele erstmal in einer der sogenannten Jurtensiedlungen landen, mit ihrer Jurte ein Stück Land in Anspruch nehmen. Wobei hier schon der erste Anreiz gesetzt ist, denn dieses Grundstück wird dann zum Privatbesitz und ist möglicherweise später sogar verkäuflich, draußen auf dem Lande hatte man das nicht, man konnte zwar Land nutzen, aber nicht besitzen. Der Mongole, auch der vom Lande, hat in der Regel auch kein so großes Problem mit der Stadt. Er ist anpassungsfähig, deutlich mehr als ein Deutscher oder Chinese. Er ist auch nicht unbedingt darauf erpicht in einer Jurte alt zu werden, eine Wohnung im Hochhaus lockt viele, es scheitert eher am Geld für die eigene Immobilie.               

Der Mongoleibesuch der Kanzlerin in den Medien

Freitag, Oktober 14th, 2011

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Der Besuch der Bundeskanzlerin in der Mongolei ist nun Geschichte. Inwieweit sich dadurch die mongolisch-deutschen Wirtschaftsbeziehungen verbessern werden bleibt abzuwarten, zumindest waren ja in der Delegation auch einige Schwergewichte der deutschen Wirtschaft vertreten deren bloße Anwesenheit Symbolkraft entfalten kann.

Der wesentlichere Punkt des Besuches, die mediale Aufmerksamkeit und damit verbundene Werbung für die Mongolei als Standort, dürfte außerhalb der Bergbaubranche eher als ein Flop gewertet werden. Es gab vier oder fünf Standardtexte, die mehr oder weniger abgewandelt von allen möglichen Medien wiedergekaut wurden. Man hatte auch den Eindruck, dass die Texte zum Teil schon vor dem Besuch geschrieben worden sind und dann nur noch nach Protokollablauf aus der Schublade gezogen wurden. Viel recherchiert und vor allem vor Ort geprüft wurde auf alle Fälle kaum, eher wurden Klischees zitiert und zufällige Internetrecherche betrieben. Was dann raus kam waren solche Schlagworte und Überschriften wie Steppenstaat, Minilandebahn, bittere Armut, Todesstrafe, kalter Wind, Einhundert- Familien-Herrschaft, alte Männerparlament und leere Straßen. Das sind ja dann auch die Stichworte zum Thema Mongolei, die beim Leser ohne Hintergrundinformationen hängen bleiben werden.

Nehmen wir mal das Beispiel „Steppenstaat“, was immer auch das für eine Staatsform sein soll, es ist einfach der Ausdruck von totaler Respektlosigkeit. Sollte man dann Deutschland als einen Wald- und Wiesenland bezeichnen. Davon abgesehen verfügt die Mongolei auch über große Waldflächen und Wüste findet man dort genauso viel wie Steppe.

Die Sache mit der vermeintlichen „Minilandebahn“, auf der der neue Airbus A 340 der Kanzlerin angeblich nicht landen kann, ist genauso ein Ding. Erstens kann auf der Landebahn jedes Flugzeug landen, wenn es überhaupt Probleme gibt, dann beim Start und zweitens hat die Landebahn mit 3100 Metern absolutes Normalmaß, in Dresden oder Düsseldorf wäre man froh, hätte man diese Länge zur Verfügung.

„Bittere Armut“ in der Mongolei glaubt auf Anhieb jeder der es liest, aber das gerade im Vergleich zum vorher besuchten Vietnam als Unterschied zu zitieren ist geradezu abstrus. Das Bruttoinlandsprodukt in der Mongolei ist mit derzeit rund 2000 USD pro Kopf nominal deutlich höher als in Vietnam wo man es auf etwa 1300 USD bringt. Auch nach Kaufkraftparität gemessen ist es immer noch höher.  Der Motorisierungsgrad, also die Ausstattung mit privaten PKW, ist beispielsweise mit 80 PKW auf 1000 Einwohner in der Mongolei siebenmal so hoch wie in Vietnam, gut bei Mofas sähe es anders aus aber die zählen nun mal nicht als Index für den Lebensstandard.  Die Unterschiede im Wirtschaftswachstum, 15 Prozent in der Mongolei und 5 Prozent in Vietnam, mal ganz Außeracht gelassen .

Die „Todesstrafe“ klingt auch recht gefährlich, wird aber seit Jahren nicht mehr vollstreckt und nahezu jedes außereuropäische Land kennt die Todesstrafe, na ja abgehakt unter dem Thema die Kanzlerin brauchte ja einen Grund zum Großziel Weltverbesserung für ihre Dienstfahrt.

„Kalter Wind“ weht in Ulaanbaatar, da braucht man nichts dazu zu sagen, kalt ist es nun mal im Oktober in der Mongolei. Die „Einhundert Familien-Herrschaft“ klingt natürlich auch erstmal logisch, für den Leser. Man kann schon froh sein, dass man anstatt Familie nicht noch Nomadenclan geschrieben hat, denn das erwartet ja der Empfänger solcher Nachrichten. Da hockt eine handvoll Clanchefs, die alles unter sich ausmachen und wer nicht mitspielt spürt die Blutrache, Dschingis Khan Kultur eben. Was spielt es da für eine Rolle, dass größere Familienbünde in der mongolischen Kultur überhaupt keine Tradition haben.

Das „alte Männerparlament“ dürfte im Übrigen deutlich jünger sein als der deutsche Bundestag und zu den „leeren Straßen“ kann man nur sagen, wer in Ulaanbaatar um 7 Uhr in der früh unterwegs ist, wird nie im Stau stehen, weil das umgerechnet auf deutsche Tageszeit wohl so um 4 Uhr in der früh wäre, und wenn es in der Stadt nicht täglich spätestens am Nachmittag die berüchtigten Horrorstaus gäbe wäre es ja eigentlich wirklich schöner aber leider ist dem nicht so. 

Also aus der Sicht finde ich den Besuch nicht so nützlich wie erhofft, die breite Menge der Bevölkerung in Deutschland weis jetzt, so zusagen von der Kanzlerin bestätigt, was sie schon immer ahnte, die Mongolei ist ein schwer erreichbarer, kalter und bitter armer Steppenstaat am Rande der Welt der von einer handvoll alter Männer beherrscht wird die jetzt das Land an ausländische Firmen verkaufen wollen.  

Eine der wenigen Ausnahmen war ein Beitrag der sächsischen Freien Presse. Die hatte eigenes Material auf einer Halbseite zusammengestellt, in dem Zusammenhang sogar auf die traditionellen Beziehungen zur DDR und die 25 000 Studenten, die in der DDR absolviert hatten, verwiesen.  Anderswo tauchten die kaum auf oder man hatte die Studenten mal gleich in die Nachwendezeit versetzt. In den meisten Beiträgen ist die Kanzlerin auch angeblich die erste deutsche Regierungschefin, die jemals in der Mongolei war. Erich Honecker weilte aber mehr als einmal in Ulaanbaatar und sogar in der Umgebung.  Auch wenn er ein Kommunist war, er war ein deutscher Regierungschef oder ?   

 

                     

Wiedervereinigung der Mongolen?

Dienstag, Oktober 4th, 2011

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Nur auf den ersten Blick sehr ähnlich, innere und „äußere“ Mongolei 

Am Tag der deutschen Einheit ist mir gerade mal wieder eine Frage durch den Kopf geschossen, die ich so gestellt nicht nur einmal von Deutschen an Mongolen gehört hatte, nämlich die nach einer Wiedervereinigung der Äußeren mit der Inneren Mongolei. Also der Republik Mongolei mit dem Autonomen Gebiet Innere Mongolei in China.

Ich glaube eine Mongole würde diese Frage kaum stellen, aber von Touristen wie gesagt, habe ich das schon ab und an mal gehört.

Es ist überhaupt so eine komische Sache mit der Inneren und der Äußeren Mongolei, es gibt im Westen nicht wenige Leute, die erzählen davon in der Mongolei gewesen zu sein und am Ende waren sie aber in der Autonomen Region in China. Wenn ein Chinese nach München fliegt, da wird er ja auch nicht erzählen, er fliegt in den Freistaat Bayern, ich denke er fliegt nach Deutschland. Es gab sogar eine Zeit, da schrieb ein westlicher Ethnologe über die mongolische Kultur und bezog sich dabei immer auf die Innere Mongolei und am Ende des Aufsatzes stand sinngemä߅..es leben auch Mongolen in der von der Sowjetunion dominierten so genannten Mongolischen Volksrepublik, dort ist die typische mongolische Lebensweise aber weitgehend verdrängt.      

So einen Unsinn braucht man nicht weiter zu kommentieren, aber wie sieht es nun eigentlich mit einer Wiedervereinigung aus? Wenn man mal die Geschichte betrachtet, dann gab es die Unterscheidung in die Innere Mongolei und die Äußere Mongolei selbst in der Zeit, als beide Regionen zum chinesischen Staat gehörten und das über mehrere Jahrhunderte. Auch da gab es Unterschiede in der Lebensweise. Was aber in den letzten 90 Jahren passiert ist, waren zwei völlig unterschiedliche Entwicklungen.

Auf den ersten Blick kann man schon  Gemeinsamkeiten ausmachen, hier wie dort leben die Viehzüchter in Jurten und die Art und Weise der Viehhaltung ist erstmal ziemlich gleich. Aber selbst wenn man mal die traditionelle Lebensweise vergleicht gibt es Unterschiede, in der Inneren Mongolei verwendet man neben chinesischen Schriftzeichen die alte mongolische Schrift in der Mongolei schreibt man kyrillisch. In der Inneren Mongolei betreibt man ziemlich ernsthaft den tibetischen Buddhismus, in der Mongolei ist man weniger religiös und wenn, dann hängt man heute eher schamanischen Ritualen an. Phonetisch kann ein Mongole aus der Inneren Mongolei kaum verbergen, dass er in China zu Hause ist, es singt und klingt wie in einer Peking Oper.

Nehmen wir mal die praktische Seite einer Wiedervereinigung. Abgesehen davon, dass chinesische Regierung sicher was dagegen hätte, in der Inneren Mongolei leben weniger als 20 Prozent Mongolen, was würde man mit den 80 Prozent Chinesen machen, werden die dann Ausländer oder siedelt man sie um?

Es gibt auch nicht mal eine gemeinsam Spurweite für die Eisenbahn und zwischen den beiden dann größten Städten keine durchgängige Straßenverbindung.

Bleibt noch die Frage nach dem Nutzen und für wen? Für die Mongolen in der Inneren  Mongolei wäre das nahezu die gleiche Situation wie heute, sie wären wohl so eine Art  autonomes Gebiet innerhalb der Mongolei, über 1000 Kilometer von der Hauptstadt Ulaanbaatar, getrennt durch eine Wüste und ohne große Aussichten in den Hierarchien und Strukturen der Mongolei einen wesentlichen Platz einzunehmen. Wirtschaftlich gesehen wäre es nicht viel anders, denn in der  Inneren Mongolei gibt es kaum größere Firmen in mongolischem Besitz, in Ulaanbaatar hat man dagegen schon den Kuchen aufgeteilt. Man wäre also wirtschaftlich wieder von den Chinesen oder den Landsleuten aus der Republik Mongolei abhängig.

Da der mongolische Staat wesentlich weniger potent ist als der chinesische, würde sich die Infrastruktur deutlich langsamer entwickeln als heute.

Nun zu den „äußeren“ Mongolen, was hätten die davon, mal vorausgesetzt die vielen Chinesen ließen sich ausbürgern, sie wären die Minderheit im eigenen Land, denn die Mongolen in China sind deutlich mehr an der Zahl. Die bisher sehr geringe Analphabetenrate in der Mongolei würde dramatisch steigen, da die neuen Bürger entweder das Kyrillisch nicht lesen und schreiben könnten oder überhaupt zum großen Teil noch Analphabeten sind.

Man müsste mit einem großen Aufwand zwischen beiden Gebieten erstmal Verkehrswege schaffen und man würde interessante Altlasten übernehmen, wie vom unkontrollierten Kohlebergbau völlig verseuchte Landstriche, riesige Truppenübungsplätze und ein Testgelände für oberirdische Kernwaffenversuche. Dazu die zunehmende Desertifikation und medizinische Versorgungsstruktur aus dem Mittelalter.

Wenn man mal diese Aspekte betrachtet, dürfte neben der politischen und organisatorischen Unmöglichkeit vor allem auch der Punkt, dass keine der beiden Seiten davon wirklich einen Vorteil, hat eine Wiedervereinigung unmöglich machen.     

 

               

Staatsbesuch der Bundeskanzlerin in der Mongolei

Montag, September 26th, 2011

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Foto: Bundesbildstelle

Die Bundeskanzlerin Angela Merkel wird am 12. Oktober der Mongolei einen Staatsbesuch abstatten. Die Einladung dazu hatte sie bereits im März 2009 von Premierminister Sanjaa Bayar erhalten und seit Anfang September steht nun fest, dass sie fliegen wird. Den Besuch verbindet sie mit einer Vietnamvisite, die sie ursprünglich im Juni absolvieren wollte, aber wegen innenpolitsicher Termine verschieben musste. Bleibt zu hoffen, dass die Mongolei nicht nur die Beigabe zum Vietnambesuch wird. Die Voraussetzungen für einen Besuch mit Ergebnissen sind eigentlich gut. Das die Mongolei für die Kanzlerin nicht irgendein Land ist weis man spätestens seit einem Interview mit dem Hamburger Abendblatt vor ziemlich genau zwei Jahren, als sie auf ihre Reiseträume nach der Kanzlerschaft angesprochen, die Mongolei genannt hat. Unabhängig davon, korrespondiert der Besuch aber auch mit den aktuellen Aktivitäten der deutschen Wirtschaft, namentlich des Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI), eine Allianz zur Rohstoffsicherung (ARS) zu gründen, die sich mit Unterstützung der deutschen Regierung um die Sicherung des Zuganges zu strategischen Rohstoffen bemühen will. Wie man weis eine Idee, die auch von der Kanzlerin getragen wird.

Im Vorfeld des Besuches hat man schon ein Abkommen dazu mit der Mongolei vorbereitet und die Erwartungen scheinen entsprechend hoch zu sein. Tatsächlich ist es natürlich kein Geheimnis mehr, dass die Mongolei zu den Rohstoff-Global-Playern dieser Erde gehört und dass die deutsche Wirtschaft bisher in der Mongolei eher unterrepräsentiert ist. Ein Zustand, den der Besuch der Kanzlerin hoffentlich bald verändert. Wichtig ist natürlich auch, wer in der begleitenden Wirtschaftsdelegation mitreist, konkrete wirtschaftliche Kontakte werden immer noch zwischen Unternehmen geschlossen und nicht zwischen Regierungen. So mancher Unternehmer könnte dann vielleicht doch auf den Geschmack kommen, denn die Kulisse von Ulaanbaatar mit ihren zahlreichen Baustellen und den Oberklassefahrzeugen im Straßenbild lässt sicher bei dem einen oder anderen Manager das Gefühl entstehen, auch hier kann man Geld verdienen. Stimmt dann noch die Chemie zwischen der Kanzlerin und ihren Gastgebern könnte sich das auch positiv auf den Begleittross auswirken. Die Voraussetzungen dafür sind eigentlich ganz gut, es treffen sich ja sozusagen alte „Ossis“, die Kanzlerin spricht russisch, die meisten ihrer mongolischen Partner beherrschen diese ehemalige Brudersprache auch perfekt, kommt noch ein wenig mongolische Charmeoffensive in Verbindung mit der oben erwähnten Sympathie der Kanzlerin zur Mongolei zum Tragen, dann wird es schon klappen. Ein Gastgeschenk, wie in der Mongolei immer üblich, hat die Kanzlerin auch im Gepäck, nach Presseinformationen soll nämlich der ehemalige mongolische Geheimdienstchef, Khurts, aus der Gefangenschaft in Deutschland entlassen werden. Er war ja wegen Entführung in Großbritannien verhaftet und nach Deutschland ausgeliefert worden.  Ein Thema, dass die mongolischen Regierungspolitiker in den letzen Monaten stark beschäftigt und die deutsch-mongolischen Beziehungen zumindest angekratzt hatte.

Also dann eine schöne Reise Frau Merkel und hoffentlich gute Ergebnisse!