Landflucht in der Mongolei

November 16th, 2011

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Immer mehr Mongolen ziehen das Stadtleben der Steppe vor

Als ich das erste mal 1985 die Mongolei besuchte, wohnten um die 500 000 Menschen in der Stadt Ulaanbaatar, heute sind es 1,2 Millionen. Die Gesamtbevölkerung lag damals bei etwas mehr als 2 Millionen, heute sind es etwa achthunderttausend mehr. Während die Gesamtbevölkerung also etwa 40 Prozent zugelegt hat, ist die Einwohnerzahl der Hauptstadt um 140 Prozent gewachsen. Hinter dieser Zahl steht eine Welle der Landflucht, die sich seit den 1990 er Jahren vollzieht und deren Geschwindigkeit zunimmt. Derzeit siedeln etwa 50 000 Menschen pro Jahr nach Ulaanbaatar um. Westliche Kommentatoren, insbesondere aus Kreisen von Entwicklungshilfeorganisationen, sehen die Ursachen hauptsächlich im wirtschaftlichen Bankrott von Viehzüchtern, die ihre Herden verloren haben. Diesen Fall gibt es sicherlich auch, er erklärt aber nicht die Größenordnung der Wanderungsbewegung. Es gibt auch mindestens drei Bevölkerungsgruppen aus denen sich der Zuzug zusammensetzt, das sind neben ganzen Viehzüchterfamilien, vor allem die Jugendlichen, die zur Ausbildung nach Ulaanbaatar gehen und dann dort bleiben. Eine dritte Gruppe sind ältere Leute, die am Ende ihres Lebens zu Kindern oder Verwandten in die Stadt übersiedeln. Während die letzten beiden Gruppen die Entscheidung eindeutig freiwillig treffen, gibt es bei den Viehzüchterfamilien sowohl den Fall, dass man aus wirtschaftlicher Not das Leben auf dem Lande aufgibt, es kann aber durchaus auch sein, dass man noch genügend Vieh besitzt um eine Existenz abzusichern, aber man dennoch die Herde verkauft und mit dem Geld versucht eine neue Existenz in der Stadt aufzubauen.

Oft wird die Situation im Westen so dargestellt, dass der Viehzüchter praktisch nie freiwillig sein Leben in der Steppe aufgibt, der Beobachter vor Ort weiß aber, dass das Stadtleben auf viele Viehzüchter eine starke Anziehung ausübt, nicht nur auf junge Leute, auch Frauen im mittleren Alter ziehen nicht selten ein Leben in der Stadt vor. Für viele ist aber die Existenz in der Stadt zu unsicher, als dass sie den Schritt gehen. Wären die Chancen auf gut bezahlte Arbeit in der Hauptstadt besser, sehe die Tendenz noch ganz anders aus.

Bis zur politischen Wende 1990 wurde der Zuzug vom Land nach Ulaanbaatar streng geregelt. Eine Wohnsitznahme in der Hauptstadt war mit hohen Hürden verbunden und nur wenige schafften den Sprung nach Ulaanbaatar, selbst als studierter Landbewohner landete man eher in einem Aimakzentrum. Hätte es die staatlichen Regelungen nicht gegeben, wäre die derzeitige Situation sicher schon in den 1990 er Jahren eingetreten.

Bis zur Wende hatten die Behörden versucht, den genehmigten Zuzug an den Bau von neuen Wohnungen und die Schaffung von Arbeitsplätzen zu koppeln.

Auch wenn es nicht der Wunsch so manchen Ethnofreundes ist, die Landbevölkerung in der Mongolei wird weiter rapide abnehmen. Eine moderne Industriegesellschaft kann einfach nicht für 30 Prozent der Bevölkerung Arbeit in der Landwirtschaft bereithalten. Geht man einmal von 10 Prozent aus, dann wären dass maximal dreihunderttausend Menschen insgesamt.

Die Vorteile, die eine moderne Großstadt bieten kann sind einfach auch für Landmongolen zu verlockend. Eine beheizte Wohnung wirkt bei Wintertemperaturen von unter minus 30 Grad für jeden der das mal erlebt hat, fast existenziell, fließendes Wasser, für einen Viehzüchter unerreichbar, oder die Möglichkeit in wenigen Minuten einen Notarzt zur Seite haben zu können.

Es gibt aber auch so ganz triviale Dinge wie den Fernsehempfang mit dutzenden Programmen oder ein Warenangebot das nahezu alles bietet. Entgegen vielen Thesen lieben es Mongolen auch unter Leuten zu sein und wochenlang in der Jurte nur die Familie um sich zu haben gefällt auch dort keinem wirklich.

Natürlich bedeutet für einen Übersiedler Ulaanbaatar nicht automatisch Wohnung, fließendes Wasser und Geld zum Shopping, aber man ist dem ganzen schon einen wesentlichen Schritt näher als 1000 Kilometer weiter in der Gobi. Am Anfang werden viele erstmal in einer der sogenannten Jurtensiedlungen landen, mit ihrer Jurte ein Stück Land in Anspruch nehmen. Wobei hier schon der erste Anreiz gesetzt ist, denn dieses Grundstück wird dann zum Privatbesitz und ist möglicherweise später sogar verkäuflich, draußen auf dem Lande hatte man das nicht, man konnte zwar Land nutzen, aber nicht besitzen. Der Mongole, auch der vom Lande, hat in der Regel auch kein so großes Problem mit der Stadt. Er ist anpassungsfähig, deutlich mehr als ein Deutscher oder Chinese. Er ist auch nicht unbedingt darauf erpicht in einer Jurte alt zu werden, eine Wohnung im Hochhaus lockt viele, es scheitert eher am Geld für die eigene Immobilie.               

Nahverkehr in Ulaanbaatar

Oktober 27th, 2011

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 Mit dem 2 Tonnen Jeep ins Büro – Alltag in UB

Der Nahverkehr oder einfacher gesagt, der Straßenverkehr in Ulaanbaatar ist ein echter Aufreger um es mal treffend zu beschreiben. Täglich verlieren tausende von Kraftfahrern wertvolle Nervenzellen bei dem Versuch ihr Auto zwei, drei Kilometer durch das eigentlich sehr übersichtliche Stadtzentrum zu manövrieren. Viele Menschen verwenden täglich einen erheblichen Teil ihrer psychischen und physischen Kraft darauf nur, um zur Arbeitsstelle zu gelangen, bzw. wieder nach Hause zurückzukehren. Vermutlich müssen sie die Arbeitszeit dann wirklich dafür nutzen sich vom Anreisestress zu erholen und Kraft für die Heimfahrt zu sammeln.

Der Grund für das Dilemma ist zum Einen die Überlastung an einigen Hauptstrecken und Knotenpunkten des Straßennetzes und zum Anderen die Fahrphilosophie der mongolischen Lenker, die immer nur eine Richtung kennt, nämlich nach vorne ohne die geringste Rücksicht auf Rechts, Links oder den Hintermann, auch wenn es schon offensichtlich aussichtslos erscheint. So werden kleinste Lücken im Stau sofort zugestellt, damit sich am Ende überhaupt nichts mehr bewegen kann. Staus mit totalem Stillstand und quer stehenden Fahrzeugen wo eigentlich gar keines hingehört, sind keine Seltenheit.

Eine Lösung des schon wirklich heftigen Problems kann eigentlich nur bei dem zuerst genannten Defizit ansetzen, den verkehrlichen Engstellen, das zweite Problem, die egozentrische Fahrweise, wird wohl niemand in den nächsten Jahrzehnten heilen können.

Der dritte Lösungsweg, wäre der Ausbau eines echten Nahverkehres, damit wären eigentlich beide Probleme gelöst, wer in Bus oder Bahn unterwegs ist kann kein Chaos fabrizieren und der Verkehr würde sicher merklich schrumpfen.

Lösungsansätze werden immer wieder diskutiert, die Erweiterung des Busverkehrs oder ein U-Bahnnetz, wobei die Erweiterung des Busverkehrs erst dann einen Effekt bringt, wenn möglichst viele Einwohner daran teilnehmen. Da liegt aber das Problem, der Bus gilt in UB, da dort oft hässlich und alt, als Armeleuteverkehrsmittel und solange der Bus auch im Stau steht und nicht vorwärts kommt, macht es gar keinen weiteren Sinn ihn zu benutzen. Attraktiv wäre natürlich dagegen die U-Bahn, die würden auch die wohlhabenderen Bürger benutzen, da man damit modern und schick unterwegs wäre, von der enormen Zeitersparnis mal abgesehen, wenn man davon ausgeht, dass auf der Friedenstraße am Abend ein Kilometer mal gut und gerne 30 Minuten Fahr- bzw. Standzeit bedeuten können.

Was die U-Bahn aber so unrealistisch erscheinen lässt, sind neben den enormen Kosten, die lange Planungs- und Bauzeit, was aber die Verantwortlichen der Stadt nicht davon abhält, immer wieder Studien dazu in Auftrag zu geben.

Einen Ausweg dazu könnte eine Hybridbahn bilden, die im Grunde genommen auf einem Straßenbahnsystem beruht, dass aber wo notwendig, auch mal unter der Erde geführt wird. Solche Überlegungen scheinen aber nicht für mongolische Politiker geeignet zu sein, hier gilt nur Hopp oder Flop. Eine U-Bahn würde Ulaanbaatar gleich auf den Standard von Tokio oder London befördern, da würde man sich gern sehen, aber Irkutsk, wo man schon lange mit der Straßenbahn fährt, hat man doch wohl überholt. Außerdem klingt keine Infrastrukturvision in der Mongolei zu phantastisch, als dass sie nicht doch verbreitet werden könnte.

So planen also derzeit ein paar japanische Ingenieure an einer sogenannten Vollmetro für Ulaanbaatar, deren Realitätsferne eigentlich nur noch von dem Projekt des einhunderttausend Studenten-Luxuscampus in Nalaich übertroffen wird.

Für eine moderne Straßenbahn, die im Übrigen in Europa auch mit schicken Fahrzeugen ausgestattet wird, braucht man etwas Platz in der Mittellage der Straße, ein paar Millionen für die Grundausstattung mit Gleis und Fahrdraht und dann kann es losgehen. Erst mal vielleicht 5 oder 6 Kilometer und dann in jedem Sommer ein paar dazu, unkompliziert und jederzeit erweiterbar. Wenn man dann mal am Suchebaatar Platz oder unter einer Kreuzung einen halben Kilometer im Tunnel verschwindet hat man für ein paar Sekunden sogar das Gefühl einer U-Bahn.

Bei den von den russischen Planungsbüros in den 1960 er Jahren geplanten breiten Hauptstraßen wäre genug Platz für ein eigenes Gleisbett der Straßenbahn, wenn gleichzeitig ein Teil der täglichen Autofahrer auf die Bahn umsteigen würden. Wenn man sich aber die Arbeit der mongolischen Stadtplaner ansieht, kann man auf soviel Vernunft kaum hoffen, da wird ein 60 000 Einwohnerstadtteil neu errichtet und über zwei ganze sechs Meter breite Sträßchen mit der restlichen Stadt verbunden, eine davon geht noch über einen beschrankten Bahnübergang aus Großmutters Zeiten.             

           

Die kleine MIAT Expansion

Oktober 21st, 2011

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                                  neues Corporate Design der MIAT 

Eine weitere gute Nachricht von der mongolischen Luftfahrtbranche, die MIAT hat vor ein paar Tagen ihre zweite B 767-300 erhalten.

Es war eigentlich auch bitter nötig, denn mit nur einem Langstreckenflieger war das Risiko hoch, auf der Ulaanbaatar-Berlin Strecke völlig in der Luft zu hängen, wenn der eine Flieger den es bisher dafür gab mal am Boden bleiben muss. Man hat dann auch gleich seine Pläne mit dem neuen Flieger bekanntgegeben. Neue Ziele in Asien, wobei nicht ganz klar ist, wie mit nur einem Flugzeug mehr auf einmal eine ganze Reihe neuer Airports in Reichweite gelangen soll. Es klang insgesamt alles ein wenig nach typisch mongolischen Optimismus, denn zum Einen muss man bei neuen Verbindungen auch Infrastruktur vor Ort installieren und man muss die Flieger möglichst voll kriegen. Es weis auch jeder, dass solche dünnen Linien, die mit 2 Flügen pro Woche hinkommen müssen selten effizient sind. Fraglich ist auch, wie man beispielsweise Flieger nach Hanoi voll bekommen möchte. Vietnamesen haben vermutlich weder Lust noch das Geld in die Mongolei in Urlaub fliegen zu wollen und Geschäftsleute aus Vietnam sind eher was Exotisches. Was der Mongole in Hanoi sucht erschließt sich mir auch nicht so richtig. Besser klingt da schon die Shanghai Verbindung. In der Stadt leben eine Unmasse westeuropäischer Geschäftsleute oft auch mit ihren Familien, die alle gerne Sommerurlaub machen und die Mongolei ist für gutverdienende Westeuropäer schon lange ein Ziel, warum sollte das in Shanghai anders sein, ich kenne auch genügend Beispiele dafür. Selbst im Winter könnte das was werden, wenn die Leute dort in der trüben und doch recht kühlen Stadt sitzen hätten sie sicher lieber ein paar richtige sonnige Wintertage mit Schnee und Pistenspaß, da bietet es sich schon an, mal in drei Stunden bis Ulaanbaatar zu fliegen und ein klein wenig Österreich Feeling im Skyresort am Bogd Uul zu tanken.Die chinesischen Skigebiete liegen auch kaum näher und in Ulaanbaatar wirkt das alles schon viel vertrauter und europäischer als auf den ziemlich spaßarmen Anlagen nördlich von Peking mit den vielen chinesischen Pistenameisen und ihrem recht chaotischen Gezappel auf den viel zu großen Brettern .

Um wieder auf die neuen Flugverbindungen zu kommen, es wäre sicherlich besser sich mehr auf den Ausbau der bestehenden zu konzentrieren, ich meine da insbesondere auch Berlin und Hongkong. Hongkong scheint sich ja richtig gut zu entwickeln, zumal es ja auch ein absolut sinnvolles Drehkreuz für Flüge auf die Südhalbkugel ist.

Berlin wäre natürlich ein ganz heißer Renner, wenn man mit dem nagelneuen Großflughafen und den unendlichen innereuropäischen Anschlussmöglichkeiten auf ein 5 oder gar 6 Tage Angebot gehen würde, aber halt, was liest man da wieder, die wollen schon wieder nach Frankfurt?  Das Experiment, dass vor Jahren schon mal wegen hoher Kosten und geringer Passagierzahlen eingestellt wurde und das im vergangen Jahr wieder diskutiert und dazu geführt hatte, dass die Flugpläne im März immer noch nicht standen, dieser Unfug wird schon wieder aufgewärmt?  Man kann es kaum glauben, die MIAT hat zwanzig Jahre lang teilweise als einzige Fernstrecke Berlin angeflogen und jetzt, wo der modernste Flughafen Europas eröffnet wird, wo bereits über zehn interkontinentale Fernziele von der deutschen Hauptstadt angeflogen werden, jetzt wird schon wieder darüber geredet nach Hessen umzusiedeln. Frankfurt hat gerade einen riesigen Dämpfer zum Nachtflugverbot erhalten, der günstige Europa Zubringer Easy Jet hat sich verabschiedet und für Economy Touristen bedeutet Frankfurt die Service- und Logistikwüste schlechthin, warum wird wieder diese Diskussion betrieben?

Für eine Fluggesellschaft wie die MIAT und deren potentielle Kunden ist doch völlig wurscht, ob da ein paar Interkontinentalflüge mehr oder weniger abgehen, was die MIAT braucht, sind billige Anbieter, die ein dichtes europäisches Netz bedienen, sie braucht zudem die Nähe zu den Stammfliegern, also Mongolen in Deutschland, Geschäftsleuten mit Kontakten in die Mongolei und die sitzen nun mal eher in Berlin und sie braucht mit ihren häufigen Wetter bedingten Verspätungen einen Flughafen, der da flexibel genug reagiert und keinen total überlasteten Airport für den die Exoten MIAT am Ende immer das fünfte Rad am Wagen ist.

BER hat oder wird das alles haben, freie Kapazitäten in jeder Beziehung, jahrelange Kontakte mit der MIAT und vor allem günstige Zubringer wie Easy Jet, Air Berlin und Germanwings  sind die idealen Mitspieler, wenn die MIAT die Kunden in England, Frankreich, Spanien oder Holland erreichen möchte. Was man im Übrigen nicht vergessen sollte, der Flug von Berlin ist rund eine Stunde kürzer als der von Frankfurt nun mag man bei der MIAT denken, was ist schon eine Stunde, aber große internationale Fluggesellschaften sehen das etwas anders. Wenn man auch mal ein wenig Vision walten lässt, mit Berlin hätte die MIAT sogar die theoretische Chance auf ein kleines Drehkreuz für Ostasien Kunden aus Berlin, der Flug Berlin – Ulaanbaatar – Tokio oder Seoul wäre mit günstigem Anschluss um bis zu drei Stunden kürzer als der Umweg von Berlin über Frankfurt. Man hat so was ja schon mal knapp eingerichtet, als es zur Ankunft des Berlinfliegers in UB eine Stunde später weiter nach Tokio ging. Allerdings muss man solche Angebote auch bewerben und die Voraussetzungen für einen Transit in UB ganz klar regeln.               

                   

Der Mongoleibesuch der Kanzlerin in den Medien

Oktober 14th, 2011

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Der Besuch der Bundeskanzlerin in der Mongolei ist nun Geschichte. Inwieweit sich dadurch die mongolisch-deutschen Wirtschaftsbeziehungen verbessern werden bleibt abzuwarten, zumindest waren ja in der Delegation auch einige Schwergewichte der deutschen Wirtschaft vertreten deren bloße Anwesenheit Symbolkraft entfalten kann.

Der wesentlichere Punkt des Besuches, die mediale Aufmerksamkeit und damit verbundene Werbung für die Mongolei als Standort, dürfte außerhalb der Bergbaubranche eher als ein Flop gewertet werden. Es gab vier oder fünf Standardtexte, die mehr oder weniger abgewandelt von allen möglichen Medien wiedergekaut wurden. Man hatte auch den Eindruck, dass die Texte zum Teil schon vor dem Besuch geschrieben worden sind und dann nur noch nach Protokollablauf aus der Schublade gezogen wurden. Viel recherchiert und vor allem vor Ort geprüft wurde auf alle Fälle kaum, eher wurden Klischees zitiert und zufällige Internetrecherche betrieben. Was dann raus kam waren solche Schlagworte und Überschriften wie Steppenstaat, Minilandebahn, bittere Armut, Todesstrafe, kalter Wind, Einhundert- Familien-Herrschaft, alte Männerparlament und leere Straßen. Das sind ja dann auch die Stichworte zum Thema Mongolei, die beim Leser ohne Hintergrundinformationen hängen bleiben werden.

Nehmen wir mal das Beispiel „Steppenstaat“, was immer auch das für eine Staatsform sein soll, es ist einfach der Ausdruck von totaler Respektlosigkeit. Sollte man dann Deutschland als einen Wald- und Wiesenland bezeichnen. Davon abgesehen verfügt die Mongolei auch über große Waldflächen und Wüste findet man dort genauso viel wie Steppe.

Die Sache mit der vermeintlichen „Minilandebahn“, auf der der neue Airbus A 340 der Kanzlerin angeblich nicht landen kann, ist genauso ein Ding. Erstens kann auf der Landebahn jedes Flugzeug landen, wenn es überhaupt Probleme gibt, dann beim Start und zweitens hat die Landebahn mit 3100 Metern absolutes Normalmaß, in Dresden oder Düsseldorf wäre man froh, hätte man diese Länge zur Verfügung.

„Bittere Armut“ in der Mongolei glaubt auf Anhieb jeder der es liest, aber das gerade im Vergleich zum vorher besuchten Vietnam als Unterschied zu zitieren ist geradezu abstrus. Das Bruttoinlandsprodukt in der Mongolei ist mit derzeit rund 2000 USD pro Kopf nominal deutlich höher als in Vietnam wo man es auf etwa 1300 USD bringt. Auch nach Kaufkraftparität gemessen ist es immer noch höher.  Der Motorisierungsgrad, also die Ausstattung mit privaten PKW, ist beispielsweise mit 80 PKW auf 1000 Einwohner in der Mongolei siebenmal so hoch wie in Vietnam, gut bei Mofas sähe es anders aus aber die zählen nun mal nicht als Index für den Lebensstandard.  Die Unterschiede im Wirtschaftswachstum, 15 Prozent in der Mongolei und 5 Prozent in Vietnam, mal ganz Außeracht gelassen .

Die „Todesstrafe“ klingt auch recht gefährlich, wird aber seit Jahren nicht mehr vollstreckt und nahezu jedes außereuropäische Land kennt die Todesstrafe, na ja abgehakt unter dem Thema die Kanzlerin brauchte ja einen Grund zum Großziel Weltverbesserung für ihre Dienstfahrt.

„Kalter Wind“ weht in Ulaanbaatar, da braucht man nichts dazu zu sagen, kalt ist es nun mal im Oktober in der Mongolei. Die „Einhundert Familien-Herrschaft“ klingt natürlich auch erstmal logisch, für den Leser. Man kann schon froh sein, dass man anstatt Familie nicht noch Nomadenclan geschrieben hat, denn das erwartet ja der Empfänger solcher Nachrichten. Da hockt eine handvoll Clanchefs, die alles unter sich ausmachen und wer nicht mitspielt spürt die Blutrache, Dschingis Khan Kultur eben. Was spielt es da für eine Rolle, dass größere Familienbünde in der mongolischen Kultur überhaupt keine Tradition haben.

Das „alte Männerparlament“ dürfte im Übrigen deutlich jünger sein als der deutsche Bundestag und zu den „leeren Straßen“ kann man nur sagen, wer in Ulaanbaatar um 7 Uhr in der früh unterwegs ist, wird nie im Stau stehen, weil das umgerechnet auf deutsche Tageszeit wohl so um 4 Uhr in der früh wäre, und wenn es in der Stadt nicht täglich spätestens am Nachmittag die berüchtigten Horrorstaus gäbe wäre es ja eigentlich wirklich schöner aber leider ist dem nicht so. 

Also aus der Sicht finde ich den Besuch nicht so nützlich wie erhofft, die breite Menge der Bevölkerung in Deutschland weis jetzt, so zusagen von der Kanzlerin bestätigt, was sie schon immer ahnte, die Mongolei ist ein schwer erreichbarer, kalter und bitter armer Steppenstaat am Rande der Welt der von einer handvoll alter Männer beherrscht wird die jetzt das Land an ausländische Firmen verkaufen wollen.  

Eine der wenigen Ausnahmen war ein Beitrag der sächsischen Freien Presse. Die hatte eigenes Material auf einer Halbseite zusammengestellt, in dem Zusammenhang sogar auf die traditionellen Beziehungen zur DDR und die 25 000 Studenten, die in der DDR absolviert hatten, verwiesen.  Anderswo tauchten die kaum auf oder man hatte die Studenten mal gleich in die Nachwendezeit versetzt. In den meisten Beiträgen ist die Kanzlerin auch angeblich die erste deutsche Regierungschefin, die jemals in der Mongolei war. Erich Honecker weilte aber mehr als einmal in Ulaanbaatar und sogar in der Umgebung.  Auch wenn er ein Kommunist war, er war ein deutscher Regierungschef oder ?   

 

                     

Boomendes Rohstoffland

Oktober 10th, 2011

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Dieser Container steht nun seit über 25  Jahren in Erdenet

Im  Zusammenhang mit dem Besuch der Bundeskanzlerin in der Mongolei kann man derzeit überall durch die Presselandschaft den Begriff vom boomenden Rohstoffland Mongolei lesen. Das ist natürlich auch richtig, die Mongolei verfügt über große Vorkommen an Kohle, Kupfererz, Gold, Flussspat, und Uran sowie den heute sehr gefragten Seltenen Erden. Was sonst noch so in den 1,5 Millionen qkm Boden versteckt ist, kann man nur ahnen.

In Größenordnungen wird derzeit hauptsächlich Gold abgebaut, legal, halblegal oder illegal wird allerorten gegraben und gewaschen, wie viel es pro Jahr wirklich ist kann man auch nicht so genau sagen, denn etliches wird unter der Hand verkauft. Mit geordnetem Bergbau hat das ganze nur noch selten etwas zu tun. Der findet derzeit hauptsächlich bei der Kupfererzgewinnung in Erdent statt, sozusagen ein Musterbetrieb aus Vorwendezeiten, denn hier wurde neben der Mine gewaltig in die Infrastruktur investiert und heute ist diese Stadtneugründung mit 100 000 Einwohnern die zweitgrößte der Mongolei. Das Vorkommen an hochwertigem Kupfererz neigt sich aber langsam dem Ende zu. Die Mongolei bleibt aber nach wie vor Kupferexporteur, denn das nächste Vorkommen, Oyu Tolgoi in der Südgobi, wird ab 2013 fördern. Hier sind mit Rio Tinto und Ivanhoe zwei internationale Firmen zugange, die zwar eine hochmoderne Förderung aufbauen, aber an einer weiteren Infrastruktur außerhalb der Mine wenige Interesse haben.

Bei der Kohle ist das so eine Sache, bisher haben mongolische Firmen für den eigenen Markt gefördert, also hauptsächlich die Kraftwerke im Land beliefert, das wird bald anders. Die enormen Vorräte liegen recht günstig und lassen einen Export nach China günstig erscheinen. Etliche internationale Firmen haben großes Interesse und mit den Gruben sind auch schon Kraftwerke geplant um gleich den Strom nach China exportieren zu können.

Nicht unterschätzen sollte man die Bedeutung der Uranvorräte, wenn auch in Deutschland  mittlerweile ein no go, weltweit ist die Uran Nachfrage enorm und die Mongolei hat sehr große Vorkommen. Hier sind wohl die Russen diejenigen, die am ehesten für einen Abbau in Frage kommen.

Die seltenen Erden sind derzeit zwar in aller Munde, aber der Abbau in der Mongolei ist noch wenigsten weit fortgeschritten.

Immer wieder gehofft wird natürlich auch auf das symbolträchtige Öl, es gibt zwar Vorkommen, aber die Größenordnungen sind wohl eher mäßig. Es wäre schon schön, wenn man sich mal selbst versorgen könnte.

Alle die genannten Bodenschätze und auch die großen Vorkommen dazu sind schon seit den 1980 er Jahren bekannt. Die große geologische Expedition des damaligen Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) hatte aufwendig erkundet und sehr gute Arbeit geleistet. Von der politischen Wende 1990 bis etwa 2000 ist aber nicht allzu viel im Bergbau der Mongolei passiert, danach wurden zunächst die Kanadier wach. Zumindest haben sie dort angesetzt, wo die geologischen Erkundungen des RGW aufgehört hatten und so nach und nach kamen immer mehr Interessierte aus aller Welt, allerdings nie aus Deutschland, obwohl die Deutschen mit den Daten der DDR Geologen über die besten Informationen in der westlichen Welt zu den Rohstoffvorkommen in der Mongolei verfügten.

Das Problem war hauptsächlich, dass sich keiner der Offiziellen vor Ort, also Botschaft, GTZ oder Stiftungen, für die Frage der Bodenschätze überhaupt interessierte. Noch weit über das Jahr 2000 hinaus, wurde von ihnen bei allen möglichen Anlässen und Reden die Wirtschaft der Mongolei auf die Viehzucht und den Tourismus reduziert und das wirtschaftliche Entwicklungspotenzial an sich eher mitleidig beurteilt.

Da setzte zum Beispiel auch die Arbeit der deutschen Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) an. Hygieneaufklärung der Viehzüchter, Minikredite an Kleinsthandwerker, Managementpläne für Nationalparks in unbesiedelten Regionen usw., die Liste ließe sich weit fortsetzen.  Was die Entwicklungszusammenarbeit betraf, kann man im Grunde Dirk Niebel zitieren, es wurden Tanztherapeuten zur Trauerbewältigung geschickt. Seit ein paar Monaten hat sich das Bild völlig geändert, die Mongolei wird in deutschen Medien zum regelrechten Rohstoffgiganten aufgebaut, wobei man manchmal vergisst, Rohstoffe sind erst beim Käufer ihren Preis wert und bis zu dem sind in der Mongolei manchmal erst 1000 Kilometer unwegsames Gelände zu überwinden. Die deutsche Wirtschaft will sich Exklusivrechte über ein Rohstoffabkommen sichern und die deutsche Regierung mischt kräftig mit. Die Ereignisse überschlagen sich nun förmlich. Schlechthin gelten aber Deutsche in der Mongolei nicht als die Idealpartner für gemeinsame Projekte, zu ängstlich, zu bürokratisch und zu rechthaberisch keine allzu guten Voraussetzungen für die Mongolei, aber im Ausrüstungs- und Anlagensektor sind deutsche Produkte immer gefragt, sofern überhaupt mal jemand den Weg in die Mongolei findet und dort ein wenig Engagement zeigt.                

Wiedervereinigung der Mongolen?

Oktober 4th, 2011

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Nur auf den ersten Blick sehr ähnlich, innere und „äußere“ Mongolei 

Am Tag der deutschen Einheit ist mir gerade mal wieder eine Frage durch den Kopf geschossen, die ich so gestellt nicht nur einmal von Deutschen an Mongolen gehört hatte, nämlich die nach einer Wiedervereinigung der Äußeren mit der Inneren Mongolei. Also der Republik Mongolei mit dem Autonomen Gebiet Innere Mongolei in China.

Ich glaube eine Mongole würde diese Frage kaum stellen, aber von Touristen wie gesagt, habe ich das schon ab und an mal gehört.

Es ist überhaupt so eine komische Sache mit der Inneren und der Äußeren Mongolei, es gibt im Westen nicht wenige Leute, die erzählen davon in der Mongolei gewesen zu sein und am Ende waren sie aber in der Autonomen Region in China. Wenn ein Chinese nach München fliegt, da wird er ja auch nicht erzählen, er fliegt in den Freistaat Bayern, ich denke er fliegt nach Deutschland. Es gab sogar eine Zeit, da schrieb ein westlicher Ethnologe über die mongolische Kultur und bezog sich dabei immer auf die Innere Mongolei und am Ende des Aufsatzes stand sinngemä߅..es leben auch Mongolen in der von der Sowjetunion dominierten so genannten Mongolischen Volksrepublik, dort ist die typische mongolische Lebensweise aber weitgehend verdrängt.      

So einen Unsinn braucht man nicht weiter zu kommentieren, aber wie sieht es nun eigentlich mit einer Wiedervereinigung aus? Wenn man mal die Geschichte betrachtet, dann gab es die Unterscheidung in die Innere Mongolei und die Äußere Mongolei selbst in der Zeit, als beide Regionen zum chinesischen Staat gehörten und das über mehrere Jahrhunderte. Auch da gab es Unterschiede in der Lebensweise. Was aber in den letzten 90 Jahren passiert ist, waren zwei völlig unterschiedliche Entwicklungen.

Auf den ersten Blick kann man schon  Gemeinsamkeiten ausmachen, hier wie dort leben die Viehzüchter in Jurten und die Art und Weise der Viehhaltung ist erstmal ziemlich gleich. Aber selbst wenn man mal die traditionelle Lebensweise vergleicht gibt es Unterschiede, in der Inneren Mongolei verwendet man neben chinesischen Schriftzeichen die alte mongolische Schrift in der Mongolei schreibt man kyrillisch. In der Inneren Mongolei betreibt man ziemlich ernsthaft den tibetischen Buddhismus, in der Mongolei ist man weniger religiös und wenn, dann hängt man heute eher schamanischen Ritualen an. Phonetisch kann ein Mongole aus der Inneren Mongolei kaum verbergen, dass er in China zu Hause ist, es singt und klingt wie in einer Peking Oper.

Nehmen wir mal die praktische Seite einer Wiedervereinigung. Abgesehen davon, dass chinesische Regierung sicher was dagegen hätte, in der Inneren Mongolei leben weniger als 20 Prozent Mongolen, was würde man mit den 80 Prozent Chinesen machen, werden die dann Ausländer oder siedelt man sie um?

Es gibt auch nicht mal eine gemeinsam Spurweite für die Eisenbahn und zwischen den beiden dann größten Städten keine durchgängige Straßenverbindung.

Bleibt noch die Frage nach dem Nutzen und für wen? Für die Mongolen in der Inneren  Mongolei wäre das nahezu die gleiche Situation wie heute, sie wären wohl so eine Art  autonomes Gebiet innerhalb der Mongolei, über 1000 Kilometer von der Hauptstadt Ulaanbaatar, getrennt durch eine Wüste und ohne große Aussichten in den Hierarchien und Strukturen der Mongolei einen wesentlichen Platz einzunehmen. Wirtschaftlich gesehen wäre es nicht viel anders, denn in der  Inneren Mongolei gibt es kaum größere Firmen in mongolischem Besitz, in Ulaanbaatar hat man dagegen schon den Kuchen aufgeteilt. Man wäre also wirtschaftlich wieder von den Chinesen oder den Landsleuten aus der Republik Mongolei abhängig.

Da der mongolische Staat wesentlich weniger potent ist als der chinesische, würde sich die Infrastruktur deutlich langsamer entwickeln als heute.

Nun zu den „äußeren“ Mongolen, was hätten die davon, mal vorausgesetzt die vielen Chinesen ließen sich ausbürgern, sie wären die Minderheit im eigenen Land, denn die Mongolen in China sind deutlich mehr an der Zahl. Die bisher sehr geringe Analphabetenrate in der Mongolei würde dramatisch steigen, da die neuen Bürger entweder das Kyrillisch nicht lesen und schreiben könnten oder überhaupt zum großen Teil noch Analphabeten sind.

Man müsste mit einem großen Aufwand zwischen beiden Gebieten erstmal Verkehrswege schaffen und man würde interessante Altlasten übernehmen, wie vom unkontrollierten Kohlebergbau völlig verseuchte Landstriche, riesige Truppenübungsplätze und ein Testgelände für oberirdische Kernwaffenversuche. Dazu die zunehmende Desertifikation und medizinische Versorgungsstruktur aus dem Mittelalter.

Wenn man mal diese Aspekte betrachtet, dürfte neben der politischen und organisatorischen Unmöglichkeit vor allem auch der Punkt, dass keine der beiden Seiten davon wirklich einen Vorteil, hat eine Wiedervereinigung unmöglich machen.     

 

               

Reisebericht Khentij ohne Klischees

September 30th, 2011

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 Einsame mongolische Wildnis im Khentij

Wir haben auf der Reiseberichte Seite www.reiseberichte-mongolei.de gerade einen neuen Reisebericht online geschaltet. Die Schilderung dreht sich um eine Reittour in den Khentij nördlich von Ulaanbaatar, insofern unterscheidet sich der Bericht von den sonst üblichen Mongoleireiseberichten im Netz.

Es ist keine Bericht, der möglichst viele und möglichst weit aus einander liegende Ziele einer hastigen Tour im geländegängigen Mikrobus beschreibt, mit allen möglichen Mongoleiklischees über Nomadenleben, Klöster und Anekdoten vom Stopp in staubigen Sumonzentren, es ist das Erlebnis des langsamen aber intensiven Eintauchens in eine unbewohnte Gebirgslandschaft ganz nahe der Hauptstadt.

Es ist die Schilderung eines besonders intensiven Erlebnisses, das aber ohne das ganz Spektakuläre und auch ohne die Beischmückungen eines Kulturschocks auskommt, denn dort wo die Reise hinging reduziert sich Kultur auf Urnatur.

Der Bericht soll auch ein wenig Aufklärung geben, nicht jede Mongoleireise muss mit 3000 Kilometern Offroadfahrt und mit den sogenannten und heute so beliebten „Pictures Places“ aus einschlägigen Reiseführern gestaltet werden um zum Erlebnis zu werden. Oftmals beschreiben diese Führer rechte Banalitäten, weil sie einfach dem vorgegebenen Zwang unterliegen, für jeden Ort oder zumindest alle paar Kilometer auf einem Tourvorschlag ein Highlight anbieten zu müssen. Spätestens nach 3 Stunden im Auto will der normale Tourist wieder irgendetwas gesehen haben, was ihm der geliebte Reiseführer als unbedingt sehenswert anbietet, zumindest denkt der Verleger das. Dazu werden dann kleine, an sich unbedeutende Klosterruinen zum Weltkulturgut,  ein eigentlich unspektakulärer Felsmonolith zu einem wundersamen Orten mit magischen Kräften, eine trostlose Siedlung mit einer muffigen Schwefelquelle zu einem Heilbad oder eine handvoll Beizjäger, was es ja selbst in Deutschland gibt, muss für eine ganze Region die Identität stiften. Manchmal muss auch einfach nur eine primitive Kuchenbäckerei in der Provinz dafür herhalten, weil die einfach von einem Engländer betrieben wird, also bitte, fährt man in die Mongolei um einen völlig überteuerten Plumkuchen unter den Leuten zu Essen, die man auch zu Hause jeden Tag trifft?      

Das solche „Pictures Places“ bei Mongoleireisenden aber oft gar nicht das Ziel sind, merken viele erst nach der Reise, wenn sie ihre Bilder in der Hand halten, dann sind Landschaften, Lichtstimmungen, spontane Begegnungen und ähnliches die schönsten Fotos, die  vermeintlichen „Pictures Places“ dagegen eher unbedeutend.      

Genau da setzt die Botschaft des Reiseberichtes an, wenn man das Wort Botschaft dafür verwenden kann, eine Mongoleireise muss nicht bis in den letzten Winkel des Landes führen, viel wichtiger ist es Zeit zu haben, die Geschwindigkeit dem Leben dort anzupassen, die Natur und die Landschaft an sich als den Höhepunkt zu sehen und das viel beschworene Abseits der Touristenwege findet man mit Sicherheit nicht unter den ominösen Geheimtipps der bekannten Reiseführer.

hier noch der Link:  http://www.reiseberichte-mongolei.de/36.html

Mongolischer Aktienindex MSE Top 20

September 29th, 2011

 MSE Top bei Bloomberg

 Quelle: www.bloomberg.com

Noch vor einem Jahr kannte kaum ein Mensch die Börse von Ulaanbaatar, weder vom Namen her, noch wusste man in welchem Gebäude der Hauptstadt das Institut ansässig war, selbst für Mongolen war das alles kein Thema.

Als die ersten Meldungen hierzulande zum MSE Top 20, dem mongolischen Leitindex auftauchten, waren es eher Nachrichten die man unter der Rubrik Kuriositäten veröffentlicht hatte, ein paar Monate später hat sich das Blatt entscheidend gewandelt.

Kaum eine Analyse zur weltweiten Aktienlage kommt heute ohne einen Hinweis auf den MSE Top 20 aus. Der Grund waren sagenhafte Kurssteigerungen zwischen Anfang Januar 2011 und Ende März des Jahres. 

Sagenhafte 120 Prozent betrug der Zugewinn in 60 Tagen, Weltrekord. Der Kurs war börsentechnisch im Senkrechttrend.

Mittlerweile ist das aber wieder Geschichte und der Aktienindex verhält sich wie die meisten anderen derzeit weltweit auch, er wandelt mit erklärbaren Ausschlägen um die 20 000 Punkte herum. Dem vorausgegangen war eine Absturz oder richtiger gesagt eine Kurskorrektur von April bis Juni auf 18 000 Punkte. Nimmt man mal den 12 Monate Trend, dann hat der Index von September 2010 auf September 2011 immer noch fast 70 Prozent gewonnen.

Sehr unterschiedliche sind auch die Trends der einzelnen Werte, manche bewegen sich tagelang nicht, während andere mal so aus dem Nichts einen riesigen Sprung machen. 

Man muss natürlich eingestehen, dass der Börsenhandel in Ulaanbaatar auf sehr niedrigem Niveau passiert, was dort am Tag gehandelt wird geht anderswo in Sekunden über das Parkett. Trotzdem ist es natürlich oder war besser gesagt, für Spekulanten ein unglaublich interessantes Terrain. Anders ist die Kurve zwischen  und nicht erklärbar. Dividenden spielen auch in Ulaanbaatar keine Rolle, hier geht es fast ausschließlich um Kursgewinne. Es gibt auch praktisch keine Fonds in Europa zu kaufen, die echte MSE Top Werte beinhalten, wer das ganze große und riskante Rad drehen wollte der musste schon wirklich in UB vor Ort dabei sein. Spekulanten hin und Spekulanten her, zumindest wissen jetzt viele Businessleute auch in Europa, dass in der Mongolei Marktwirtschaft herrscht und man dort Geld verdienen kann, auch nicht wenig im Gegensatz zu früher, wo viele noch glaubten, in der Mongolei würden hautsächlich in Kooperativen Schafe gezüchtet.

Heute nun kam wieder mal eine gute Nachricht, ein deutlicher Kursgewinn um 3,34 Prozent auf  20 100, endlich wieder über der magischen Grenze von 20 000. 

Wer sich für den mongolischen Aktienindex und dessen geradezu spektakulären Ausschläge interessiert, da heißt ja nicht, dass man mit Geld dabei sein muss, wer also einfach beobachten möchte wohin die Reise geht, für den ist der folgende Link genau richtig:   http://www.bloomberg.com/apps/quote?ticker=MSETOP:IND

Bauboom(wahn) in Ulaanbaatar

September 28th, 2011

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Enchtaiwan Gudamsch August 2011

Das Jahr 2011 in Ulaanbaatar kann man wohl als ein Jahr im regelechten Bauwahn titulieren. Bauwahn und nicht Bauboom vor allem deshalb, weil es insgesamt ziemlich undurchdacht erscheint. Flächendeckend beherrschen Baukräne das Stadtbild. Es werden an allen Stellen Gebäude errichtet, Wohnhochhäuser, Bürotürme, Einkaufszentren und ganze Luxuswohnanlagen im Reihenhausstil. Die Aktivitäten sind damit ziemlich einseitig festgelegt, denn während im Straßenbau noch kleinere Projekte laufen, passiert nichts beim Ausbau der Versorgungsnetze der Abwasserentsorgung oder beim öffentlichen Nahverkehr, sozusagen den Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge. Es ist eigentlich kaum vorstellbar, dass die alten Heizkraftwerke in zwei, drei Jahren noch in der Lage sein werden, den um zehntausende Kubikmeter gebauten Raumes erweiterten Bestand an Wohnungen und Büros im Winter noch ausreichend mit Wärme versorgen zu können. Das das Trinkwasser abgesichert ist, ist auch eher eine Hoffnung der Planer als Gewissheit.
Kaum zum neuen Antlitz der Metropole mit über 100 m hohen Glasfassaden und top gestylten Einkaufszentren passt das Bild das das staatliche Straßennetz der Millionenstadt abgibt, Gehwege aus Schotter und Staub und wenn schon ausgebaut immer mit den UB typischen Stolperfallen aus fehlenden Gehwegplatten, herausragenden Schachtabdeckungen oder irgendwie herumstehenden Bordsteinen. So richtig Hammer wird die Fahrt über eine der Nebenstraßen in den sogenannten Jurtenvierteln, sei es nur wegen einer Umleitung. Schlamm, Staub und halbmetertiefe Löcher zeigen den ganzen Widerspruch der mongolischen Gesellschaft. Privater Wohlstand der teilweise schon absurde Züge annimmt und ein Staat der kaum zu existieren scheint. Ein schön illustriertes Beispiel dafür ist der Fußballplatz einer solchen Luxuswohnanlage, hochqualitativer Kunstrasen aus Europa und volles Flutlicht steht dort für die Freizeitkicker aus 100 Stadtrandvillen zur Verfügung, dem Nationalteam der Mongolei bleibt ein Acker mit Wiesenkräutern und Pfützen als Trainingsplatz.
Übrigens wird die Heizung der Luxuswohnanlage mit zweifelhafter Wärmedämmung ausschließlich über elektrische Fußbodenmatten „sicher“gestellt. Für den Strom dazu hat man die 20 Kilometer lange Holzmastenleitung zur Innenstadt angezweigt, die im Winter dann wahrscheinlich selbst als Glühdrahtheizung wirken wird.
So beeindruckend das Baugeschehen in Ulaanbaatar auch sein mag, zur Zeit produziert es wohl mehr Probleme als es löst und die mongolische Verwaltung ist nicht gerade bekannt dafür, dass sie Probleme schnell, erfolgreich und effizient löst.
Wenn die Rechnung der privaten Investoren aufgeht und keine Finanzkrise oder andere Katastrophe die Mongolei erschüttert, wird sich der erste Anblick auf UBs Stadtkern wohl im Jahr 2015 kaum anders präsentieren als auf die anderen asiatischen Metropolen wie Seoul, Shanghai oder Peking, aber spätestens wenn man nach der U-Bahnstation sucht wird der Unterschied deutlich, in UB wird man dann in ein Landcruiser Taxi steigen müssen.

Neues Flugzeug für Eznis Airways

September 27th, 2011

 Avro RJ 85

Die Neue, hier noch in Kemble                                                      Foto: Matt Varley

Die mongolische Eznis Airways hat am 22. 9. 2011 ihren zweiten Regionaljet, wieder eine Avro RJ 85, erhalten. Breits im Juli wurde die erste Avro RJ 85 aus England überführt und damit das Jet-Zeitalter für die Eznis eingeleitet. Die Nummer zwei der mongolischen Fluggesellschaften hatte bis dahin nur vier SAAB 340 Turbopropellermaschinen im Einsatz. Die Avro RJ 85 ist mit 93 Plätzen bestuhlt und damit deutlich größer als die SAAB 340 mit gerade mal 34 Plätzen. Wichtiger ist aber, dass mit den neuen Flugzeugen auch internationale Ziele in China, Russland und Kasachstan effektiv angeflogen werden können, denn die Reichweite liegt bei rund 2600 Kilometern und die Reisegeschwindigkeit bei 780 km/h.

Bei den beiden neu gekauften Jets handelt es sich jeweils um ältere Maschinen der deutschen Lufthansa, die dort seit 1995 im regionalen Flugbetrieb eingesetzt waren. Die Flugzeuge wurden im englischen Kemble für die Eznis vorbereitet und tragen jetzt auch die Eznis Lackierung in Weiß-Organe.

Bisher flog Eznis hauptsächlich Ziele in der Mongolei an und daneben waren nur Hailar in China sowie Ulan-Ude im russischen Burjatien  im Flugplan zum regelmäßigen Linienverkehr.

Mit den Avro Jets ist da natürlich deutlich mehr drin. Bleibt die Frage, ob Eznis tiefer ins internationale Geschäft einsteigen will oder wie sie es selbst immer betont, sich mehr um die großen Bergbauprojekte in der Mongolei kümmern möchte. Einen Großteil des Geschäftes machen derzeit wohl Flüge zu den Landeplätzen der großen Minengesellschaften in der Gobi aus. Eigentlich sind die neuen Jets mit ihren 4 Strahltriebwerken für solche extremen Kurzstrecken von kaum 500 Kilometern und Behelfsflugplätze zu schade, hier würden die SAAB Propellermaschinen völlig ausreichen. Bleibt also einmal abzuwarten, was bei der Eznis in den nächsten Monaten passiert, denn mit den beiden Neuzugängen hat sich allein die Sitzplatzkapazität um 130 Prozent erhöht. Ziele, die für die Avro RJ 85 erreichbar sind, wären zum Beispiel auch noch Hohot oder Irkutsk aber auch zwischen Kysyl und Ulaanbaatar gibt es bisher keine Flugverbindung, obwohl doch recht enge Kontakte zwischen Tuwa und der Mongolei existieren. Was aber wirklich verwundert ist das Fehlen einer Linie zwischen Astana und Ulaanbaatar. Die Mongolei und Kasachstan sind praktisch Nachbarn, haben ethnische Verbindungen und Kasachstan ist eine wirtschaftliche Macht in dieser Region. Astana liegt zwar im Grenzbereich der Reichweite, wäre aber mit einer Zwischenlandung in Chowd oder Ulgij gut zu erreichen, was ja auch Sinn machen würde, denn dort leben bekanntlich die meisten Kasachen in der Mongolei. Peking wäre natürlich auch in der Reichweite der Jets, aber hier wird man der MIAT sicher keine Konkurrenz produzieren.  

Bleibt zu hoffen, dass den beiden Fliegern nicht das gleiche Schicksal wieder fährt wie den Fokker 100 Jets der Aeromongolia, die haben auf dem Flughafen in Ulaanbaatar nach einem recht kurzen Einsatz im Linienverkehr ihr Flugzeuggrab gefunden und sind dort neben allerlei russischen Gerät im Friedhofsbereich abgestellt.